Tja, das mit dem Zoll war lustig. In Santiago muss man ganz zu Schluss noch durch die SAG Kontrolle, die Lebensmittel- und Landwirtschafts-Behörde. Die röntgen das Gepäck nochmals. Selbstverständlich habe ich angegeben, dass ich Lebensmittel mithabe und vor allem auch Gewürze, denn damit haben sie am meisten Probleme.
Nach dem Durchleuchten habe ich dann das Gepäck auch gleich zum „Inspektions“-Tisch geschoben und angefangen die Lebensmittel auszupacken. Interessanterweise hat sich aber niemand von der SAG dazugesellt, sondern ein Herr vom Zoll – wie ich später bemerkte, ist es der selbe komplizierte Herr, der uns vor der Reise in die Schweiz die Prorogacion (Visum-Verlängerung) für’s Auto gemacht hat. Ihn interessierten die Lebensmittel überhaupt nicht. Auf dem Scanner hat er die mitgebrachten Bremsbelege für unser Auto entdeckt und er will wissen, was ich damit wolle. Nach einigem Hin und Her versteht er dann, dass ich schon Mal in Chile war und jetzt mit Ersatzteilen aus der Schweiz zurückkomme, dass das Auto ein Schweizer Fahrzeug ist und kein Chilenisches. Ich halt ihm dann das Zollpapier des Fahrzeugs hin und jetzt endlich ist der 20-iger gefallen – wohl weil er seine eigene Unterschrift darauf erkannt hat… hihihi.
Auf meine Frage, ob noch jemand vom Zoll da sei, der die Überschreibung auf unseren Freund Armin rückgängig machen könnte, meint er nur: Ich müsse halt schauen, ob noch jemand da ist. Höchstwahrscheinlich müsse Armin dazu anwesend sein, meint er dann noch. Ich erkläre ihm, dass Armin bis im September in der Schweiz sei und das Auto nur bis im August in Chile bleiben dürfe. – Kein Kommentar – des weiteren hätte man mir bei der Überschreibung auf Armin versichert, ergänze ich, dass ein Umschreiben zurück auf mich, auch ohne Armin möglich sei –stoisches Schweigen!
Also räume ich mein Gepäck wieder zusammen – übrigens ohne unseren kunstvoll vollgestopften Wasserkanister oder sonst irgendetwas auspacken zu müssen – verabschiede ich mich von dem freundlichen Herrn vom Zoll und begebe mich zum Zollschalter rüber.
Klar, es ist niemand da! Aber halt jetzt kommt derselbe Herr von vorhin angestapft. Freundlich setzt er sich an den Schalter und ohne grosse Diskussion wird das Auto wieder auf mich überschrieben. So einfach! Es braucht halt nur etwas „Vorbereitungszeit“…
Heute früh – es ist bitter kalt und trüb hier in Santiago – schlüpfe ich aus dem Bett und stelle mich als erstes unter die warme Dusche. Herrlich! Richtig aufgehetzt verlasse ich eine Viertelstunde später die Dusche und packe mich warm ein. Ich hoffe, dass Marisol bald kommt, denn ich will unser Auto holen.
Tito habe ich bereits erreicht. Das Auto ist noch ganz und bereit zum Abholen. Jetzt nur noch schnell Javier anrufen und mir den Transport organisieren.
Dann noch schnell Lebensmittel einkaufen. Eigentlich wollte ich nur ein paar wenige Sachen für die ersten zwei Tage holen, doch der Einkaufswagen füllt sich immer mehr und am Schluss kommt es auch nicht mehr darauf an. Ich entschliesse mich für den Rückweg ein Taxi zu nehmen und fülle den Wagen ganz. So muss ich wenigstens bis Montag nicht mehr zum Einkaufen fahren.
Am Nachmittag rausche ich mit Javier dann nach Barnechea raus. Es ist interessant, wie nach dem Schaden, den ich vor fast einem Jahr an Javiers Taxi verursacht habe und der anfänglich so hitzig diskutiert wurde, der Umgang nun so vertraut, ja fast freundschaftlich ist.
Unser Auto ist zwar total verdreckt, doch es springt beim ersten Drehen des Zündschlüssels an – guter Traktor!
Auf dem Heimweg fahre ich noch bei Dalmatas, dem Mechaniker, vorbei. Termin abmachen. Der Termin ist schon morgen und ich merke, dass ich noch die Stossdämpfer organisieren muss. Das ist auf halbem Weg zurück nach Barnechea. Also wieder zurück.
Die bestellten Stossdämpfer sind da, doch es fehlt an funktionierenden Bancomaten in der Nähe. Der Händler überlässt mir die Teile für eine Anzahlung und dem Versprechen den Rest am nächsten oder übernächsten Tag zu bringen (mañana, mañana).
Dann wieder im Patio und gleich in den Estrich hoch, um die weiteren Ersatzteile für den Reparatur Tag morgen zu organisieren. Dabei gleich noch alle Kleiderschachteln runterholen und staunen über den vielen Plunder den wir da mitschleppen – in unseren „Ferien“ in der Schweiz, fand ich, hatte ich weit weniger Gerümpel bei mir.
Komm ich gestern Morgen ins Haus und höre ein Mauzen. Na so was, denk ich und geh auf die Suche. Da finde ich doch prompt den roten Kater von nebenan bei uns im Haus. Ich muss ihn wohl gestern Nacht im Haus eingeschlossen haben. Ein bisschen Streicheln und raus geht’s in die Kälte.
Heute Morgen, ich komme um 6 Uhr ins Haus, wieder ein Mauzen. Schlitzohr, denke ich, da hat sich jemand gestern wieder ins Haus geschlichen und hier übernachtet. Also nochmals streicheln und ab in die Kälte. Miau, miau, miau – sitzt die Katze vor der Tür. Sie tut mir leid. Also schlage ich ihr ein Ei auf und stelle es ihr raus. Da stürzt sie sich drauf und ich bin stolz darauf, so tierlieb zu sein.
10 Minuten später habe ich dann auch meinen Kaffee und mein Brötchen vor der Nase und – es mauzt wieder! Die Katze ist wieder im Haus. So ein Schlitzohr. Wo kommt denn der nur rein? Ich gehe auf die Suche. Überall sind die Fenster zu. Wo hat es denn sonst noch ein Loch. Naja, so läuft das Spiel dann halt noch zwei drei Mal bis ich merke, dass das Fenster im Gemeinschaftsbad im 1. Stock nur angelehnt ist. Hat sich der Schlaumeier also übers Dach geschlichen, das Fenster aufgedrückt und ist reingekommen.
Da ich Mitleid mit dem armen Kerl habe verrammle ich es nicht – soll er doch die Chance haben mich heute nochmals zu übertölpeln.
Und prompt, als ich am Abend nach Hause komme hat es sich der Schlingel auf dem Fauteuille bequem gemacht. Da aber draussen mittlerweilen die Sonne scheint, bequemt sich der Herr vor die Tür. Ha, hab ich dich. Schnell die Tür zu und im Bad oben das Fenster festgeklemmt. Tut mir wirklich leid mein Freund, denke ich, aber wenn du uns die ganzen Betten mit deinen Haaren vollmachst, gibt’s Ärger. Schade, ich hätte dir gerne ein Plätzchen im Warmen angeboten.
Heute habe ich einen Tag in der Werkstatt. Filter, Keilriemen, Stabi-Gummi, Bremsen, alles wechseln. Leider sind die bestellten Stossdämpfer falsch. Also zurück zum Händler und neue organisieren – wenn das so einfach wäre… Naja, dafür helfe ich ihm eine Anfrage auf Englisch für den Hersteller in Holland zu schreiben. Nun heisst es warten. Ich hoffe jedenfalls, dass wir die gewünschten Stossdämpfer bekommen. Ansonsten müssten wir auf 2. Wahl zurückgreifen – hoffen wir es nicht.
He, seid froh, dass ihr im warmen Norden seid. Hier ist es bitter kalt. Heute Nacht war es bis zu -3 Grad kalt. Und das bei der sch… Heizung. Jetzt hocke ich hier im Zimmer mit einer alten Bodenheizung und einem kleinen Radiator. Es lässt sich knapp überleben.
Morgen muss ich dann Gas geben mit den Heizungen für die Gästezimmer. Sie müssen alle noch verlegt werden. Doch dafür muss ich erst noch Teppiche kaufen, denn die Heizungen werden unter den Teppich verlegt. Zack, zack sonst gibt’s reklamierende Gäste!
So, jetzt übermannt mich der Schlaf. Es ist zwar erst 9 Uhr aber was soll’s wird morgen wieder ein langer Tag. Wenigstens kommen dann die ersten Gäste – ich bin definitiv nicht dafür gemacht schweigend durchs Leben zu gehen…
Heute musste ich mit Schrecken feststellen, dass die Zeit in Santiago wie im Flug vergeht. Wie ich das gemerkt habe? Tragisch aber wahr: anhand dessen wie oft ich meine Unterhosen schon gewechselt habe. Ich bin ich nun schon wieder 4 Unterhosenlängen in Santiago… (ich verrate aber nicht wie viele Tage das sind…)
Nun habe ich auch noch die letzten Umbauten beim Auto beendet und den Luftfilter ausgewaschen. Es gilt noch das Auto zu waschen, zu betanken und die Stossdämpfer zu wechseln, dann könnten wir wieder losfahren.
Ach ja, das Waschen des Luftfilters hat sich im Nachhinein als unnötig herausgestellt. Frisch gewaschen liegt er auf dem Heizteppich. Und frisch fröhlich stelle ich meinen Stuhl drauf und setze mich – armer Luftfilter, ihm ist die Luft ausgegangen… pffft!
Falleri, fallera. Ja, ja, genau so tönt unser Auto als es endlich wieder mal aus Santiago raus darf. Ein Bekannter von uns, welcher hier in Santiago bei Schindler arbeitet, feiert seinen Abschied bei Fritz im Refugio Suizo – ihr erinnert euch vielleicht; die Schweizer Berghütte ausserhalb Santiago in den Bergen. Ich will auch noch Gelegenheit wahrnehmen und mich von ihm verabschieden. Begleitet werde ich von Max, einem Schweizer Dauergast, Meike und Rick, einem Holländischen Päärchen und Alba Lucia unsere Kolumbianischen Freundin. Wer unser Auto schon mal gesehen hat, weiss, dass es nicht für 5 Personen ausgelegt ist. Sitze hat es zwei. Im Gang kann man zu zweit bequem auf unseren Kleiderkisten sitzen; aber zu dritt ist es hinten etwas eng. Alba Lucia ist pragmatisch und verbringt die Fahrt daher liegend auf unserem Einbau. Entsprechend lustig ist die Fahrt. Das Sprachengemisch ist babylonisch und die Missverständnisse tragen ihr weiteres zu Erheiterung bei.
Etwas bedenken habe ich bei der Zufahrt zur Bergstrasse, denn da steht meist die Polizei und macht Kontrolle. Zum Glück kenne ich aber eine Abkürzung. Sie ist seeeehr holperig und noch viel steiler. Doch mit Geländeuntersetzung erreichen wir die Bergstrasse wie ein Vodka Martini - gut geschüttelt – nicht gerührt.
Es ist schon Nachmittag, das heisst, offiziell dürften wir noch nicht bergwärts fahren, denn es ist die Zeit, in der die Tagesbesucher zu Tal fahren. Man muss sich aber bewusst sein, dass die Strasse durchaus breit genug ist für zwei Fahrzeuge und zum Kreuzen. Leider sind die Fahrkünste der Chilenen jedoch so bescheiden, dass es beim Kreuzen immer wieder zu Händeringen und bösen Worten kommt. Für unsere Unterhaltung auf der Bergfahrt ist gesorgt. Die talwärtsfahrenden Fahrzeugführer verfallen teils in Katatonie oder haben hysterische Anfälle, denn wir fahren in schweizerischer Manier „zügig“ bergauf… Ich frage mich immer wieder, wie hier die Führerprüfung aussieht.
Das Wiedersehen mit Fritz, Norma, Jhonny, Bruno und Shakira ist schön. Wir haben uns seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen. Bruno, der Labrador, hat für Nachwuchs gesorgt. Bruna ist die letzte seiner Nachkommen, die noch kein neues Zuhause gefunden hat. Sie ist zweieinhalb Monate alt und sooo süüss!
Die Hütte ist voll und leider finde ich schlussendlich nicht so viel Zeit, um mich von unserem Freund Nino zu verabschieden. Doch es ist schön wieder einmal in den Bergen zu sein. Vor allem ist es auch ein ausserordentliches Erlebnis, einmal das Bett im Auto ganz für mich alleine zu haben. Sooo viel Platz! Leider ist es aber auch umso kälter – Petra fehlt!
Natürlich legen wir auch die Talfahrt so, dass sie antizyklisch zum allgemeinen Verkehr ist. Wieder bieten die zahlreichen, entgegenkommenden Autos ein unterhaltsames Spektakel.
Leider haben wir am Schluss selber noch ein kleines Spektakel, als sich ein kleiner Stein in der Bremse verklemmt und einen scheusslichen Lärm verursacht. Gibt’s halt eine kleine Übung mit Wagenheber, Rad abnehmen und Stein entfernen; wäre ja sonst langweilig…
Nicole hat sich angekündigt! Eine Freundin aus der Schweiz kommt für ein paar Tage nach Santiago. Gepäcktransport, wie sie betont. Sie absolvierte im letzten halben Jahr ein Praktikum in Lima und hat eine weitere Praktikumstelle in Concepcion in Chile.
Leider kommt sie seehr spät am Flughafen an. So stehe ich mit fallenden Augenlidern am Flughafen und freue mich auf den Besuch.
Ihre Ankunft ist wie der eines Wirbelwinds. Gleich wird losgequatscht und Pläne werden geschmiedet. Am kommenden Morgen erhalte ich, als Gegenleistung für mein langes Aufbleiben bei der Ankunft, die Gelegenheit auszuschlafen. Nicole hat den Laden übernommen, sie macht nun das Frühstück.
Heute geht’s patriotisch zur Sache. Es ist so, die Schweizer im Ausland zelebrieren den 1. August um einiges ernsthafter als die „Daheimgebliebenen“. Ich schliesse mich diesem Grundsatz an und habe meinen Kontakt zur Botschaft genutzt, um eine Einladung zum 1. August-Empfang der Botschafterin zu bekommen.
Chique in meine elegantesten Outdoor-Klamotten gekleidet, mache ich mich auf den Weg. Mit von der Partie sind Ruedi, unser Freund der Weinbauer, und Max, ein Gast im Patio. Von einem weiteren Schweizer Freund habe ich mir noch schnell eine Kravatte geborgt; gelb mit Kühen drauf – passt!
Der Empfang ist in der Villa der Botschafterin. Selbstverständlich sehr vornehm gelegen. Bewacht von Spezialeinheiten der Polizei. Grosse Auffahrt – wir in unserem Rolls-Royce-Taxi! Wir überreichen die handgeschriebene Einladung und Schwups stehen wir vor der Frau Botschafterin. Höfliche Begrüssung und weiter zum Festgelage. Es ist „nur“ ein Apero, doch es gibt Schweizer Weine, allerlei Gebäck, Tessiner-Risotto und … natürlich Raclette! So richtig Zeit zum Zuschlagen habe ich nicht.
Auf einmal wird mir bewusst, wie viele Menschen ich hier in Santiago bereits kenne. Natürlich meist Schweizer. Vor allem hatte ich keine Ahnung, dass ich schon fast das ganze Botschafts-Personal kenne. Ich werde sogleich überfallen, dass ich doch unbedingt wieder einmal einen Swisstreffen im Patio organisieren soll. Dann würden nämlich wieder mal alle von der Botschaft kommen. Klar, können wir machen, doch wohl eher Ende September, denn sonst ist es zu kalt im Garten und drinnen hätten nicht alle Platz, wenn wieder so viele wie im März kommen.
Geladen sind Chilenische Militärs, hohe Politiker, Botschafter aller Herren Länder … und Klein-Paddy.
Nach einer feierlichen Ansprache, der Chilenischen und Schweizer Nationalhymne (die Chilenen können den Text besser auswendig) geht’s dann ganz offiziell los. Alle stürzen sich auf die Buffets als stünden sie dem Hungertod sehr nah.
Da ich etwas schüchern bin, brauche ich fast eine halbe Stunde, um die ersten Bekanntschaften zu machen. Einer der erste ist einer der grössten Fahrzeughändler Südamerikas – ein Schweizer der Mercedes importiert. Etwas später gesellt sich Frau Honorarkonsul, der Belgische Botschafter, Herr Oberstleutnant Eduardo (nochmals eine Einladung in den Präsidentenpalast), ein Skisportler namens Steve Locher (kichert nur dauernd als ich ihn frage, wer er ist und was er macht…) und 2 bis 3 weitere illustere Personen dazu. Es ist spannend mit all diesen Menschen in allen möglichen Sprachen, über alle möglichen Themen zu diskutieren.
Bald sind die 2 Stunden des Empfangs vorbei und das grosse Zelt im Garten leert sich. Mit erschrecken bemerke ich plötzlich, dass meine beiden Begleiter und ich die letzten Gäste sind. So sehr waren wir in Gespräche mit allen möglichen Leuten vertieft – zu unserer Entschuldigung – zuletzt auch mit Frau Baumann (die Botschafterin der Schweiz).
So lassen wir wieder unser Rolls-Royce-Taxi vorfahren, bedanken uns artig bei Frau Botschafterin und machen uns von dannen.
Ein Erlebnis das man nicht so schnell vergisst. An meinem Rever stecken nun Pins der Botschaft, Belgiens und des Chilenischen Militärs. Edward werde ich bestimmt im Präsidentenpalast besuchen. Wird sicher spannend!
Zu Hause wartet eine Lieferung Wein von Ruedi und 5kg Fleisch auf uns. Heute wird auch im Patio der 1. August gefeiert. Zur Zeit sind nur gerade 6 Gäste im Haus, also ist es eine Feier im kleinen Rahmen. Doch auch so haben wir es lustig – zu lustig, wenn meinen Kopf am nächsten Tag fragt.
Unser Auto steht nun schon 6 Monate in Chile. Durch die beantragte Verlängerung, um 3 Monate länger als normal erlaubt. Jetzt muss es raus aus dem Land und neu einreisen, damit es wieder weitere 3 Monate bleiben darf.
Da wir diese 3 weiteren Monate voll ausnutzen wollen, versuche ich möglichst spät auszureisen. Da es jedoch Winter ist und der Pass nach Argentinien im Winter zeitweise Wintersperre hat, ist es ein Pokerspiel möglichst spät auszureisen, aber doch nicht das Pech zu haben und vor dem geschlossenen Pass zu stehen.
Dasselbe gilt für den Rückweg. Denn während meiner Abwesenheit im Patio bleibt die Putzfrau hier und schaut zu den Gästen. Das kann sie aber auch nicht unbegrenzt lang tun, da sie einen Sohn hat, der in den Kindergarten muss.
Der letzte, aber nicht wichtige Punkt ist, dass ich nicht alleine fahren möchte. Nach einigem Hin und Her findet sich schlussendlich Nicole, eine Bekannte aus der Schweiz, die gerade auf Besuch ist.
Am 6. August ist es dann soweit und Nicole und ich düsen los. Die Strecke ist bekannt, das Wetter eher bewölkt und nach 4 Wochen ohne Regen hängen die Wolken tief – wenn es nur keinen Schnee gibt! Eigentlich wollte ich Nicole einige Sehenswürdigkeiten und die Landschaft zeigen, doch die Landschaft wird von den tiefhängenden Wolken verhüllt und der Wind pfeift so scharf und kalt, dass wir nur kurz aussteigen. Zum Glück ist es in Uspallata, unserer Argentinischen Station, nicht mehr ganz so kalt.
Ich nutze den Besuch in Argentinien zum Ölwechsel, denn in Argentinien ist das Motorenöl günstiger. Ein Lubricante ist schnell gefunden und bald darauf wird unser Auto zur Ader gelassen. 10 Minuten später steht mir der Lubricista gegenüber mit besorgtem Gesicht und der Frage, wie lange ich denn das Öl schon verwende. 10‘000 km, gebe ich zur Antwort. Worauf er meint, dass ich wohl über den Tisch gezogen worden wäre, denn dieses Öl wäre älter. Ärgerlich! Dabei kann ich mich erinnern, dass das Öl aus verschlossenen und versiegelten Kanistern eingefüllt wurde.
Wenig später bemerke ich dann auch noch, dass es gar nicht 10‘000 km her sind seit dem letzten Ölwechsel. Es sind lediglich 5‘000 km! Umso ärgerlicher!
Jedenfalls hat unser Auto jetzt wieder frisches Blut und es schnurrt wieder vergnügt vor sich hin.
Derweil Nicole aussieht, als ob sie nun eine Blutkonserve benötigt. Hände und Lippen sind schon leicht bläulich und sie hüpft schon seit einer halben Stunde auf und ab. So entschliessen wir uns möglichst schnell einen warmen Supermarkt aufzusuchen und anschliessend noch einen warmen Kaffee zu trinken.
Dank Standheizung verbringen wir die eisige Nacht einigermassen warm und am Morgen lassen die sehr frischen Temperaturen uns zeitig erwachen.
Am Abend zuvor hatten wir noch ein Wintergewitter über den Bergen und es hies, dass in der Nacht ein Schneesturm über dem Pass wüten würde. Doch der neue Tag präsentiert sich mit einem stahlendblauen Himmel. Leider strahlen wir etwas weniger als wir eine halbe Stunde später am Polizeiposten gleich ausserhalb Uspallatas stehen.
Der Pass sei bis mindestens 10 Uhr geschlossen, heisst es.
Da ist es 4 Wochen schön, hat aussergewöhnlich wenig Schnee dieses Jahr, aber ausgerechnet zu dem Zeitpunkt an dem ich für eine einzige Nach über den Pass fahre fängt es an zu Schneien! Murphy’s Gesetz! Es ist doch einfach unglaublich.
So drehen wir um und gucken uns noch etwas die Landschaft rund um die Stadt an. Wir finden eine Bergstrasse nach Mendoza welche ich zuvor noch nicht gekannt habe und machen uns dort auf die Suche nach einem versteinerten Wald. Die Landschaft ist an diesem frühen Morgen in ein unglaublich schönes Licht gebadet und der Anblick entschädigt uns für die nicht gefundenen Versteinerungen.
Um 10 Uhr ist dann die Strasse freigegeben und wir kämpfen uns an unzähligen Lastwagen vorbei auf den Pass. Hier sehen wir, dass es wieder einmal typisch Südamerikanisch, nur gerade 1-2 cm Schnee waren, die veranlassen, dass der Pass gesperrt ist.
3 Stunden später sind wir wieder in Santiago und unser Auto und ich dürfen nun bis Anfangs November in Chile bleiben. Hoffen wir, dass es reicht, denn an anderen Orten in Chile ist der Ausflug ins Nachbarland nicht ganz so schnell zu bewerkstelligen.
07.10.2012
Mitte August ist mein Einsiedler-Leben vorbei. Christoph kommt zur Verstärkung. Der Sohn eines Bekannten in der Schweiz, hat sich entschlossen, nach seinem Lehrabschluss als Automechaniker einige Monate nach Chile zu kommen, um die weite Welt zu entdecken.
Als erstes muss der Garten dran glauben. Nach dem Umgraben, wird auf den Knien der Garten von Hand gesäubert, gewalzt und neuer Rasen angesät. Ich bin nicht unglücklich, dass Christoph nebenbei auch noch Automechaniker ist. So habe ich eine tatkräftige Unterstützung bei den Arbeiten an unserem Auto.
Bei der Suche nach Ersatzteilen entdecken wir die Calle 10 de Julio. Es ist eine unglaublich faszinierende Strasse. Die 4 Kilometer lange Strasse ist gesäumt von Händlern und Handwerkern, die alles anbieten, was man rund um’s Auto brauchen kann. Autohändler wechseln sich mit Reifenhändler und Werkstätten mit Schrothändlern ab. Hier kann man alles bekommen. Wenn etwas nicht da ist, wird es auf die eine oder andere Weise für den kommenden Tag beschafft. Wir können uns kaum satt sehen. Doch schaffen wir es, die benötigten Stossdämpfer zu beschaffen.
Bald schon ist Ende August und Petra kommt. Kurz darauf stellt sich auch Armin wieder ein und wir sind den meisten unserer Pflichten enthoben. Nächstens läuft auch Paddys Visum für Chile wieder ab und gleichzeitig auch jenes von Nicole – einer Schweizer Kollegin von uns. So entschliessen wir uns zu dritt über Argentinien nach Concepcion zu fahren und bei dieser Gelegenheit Heike, einen ehemaligen Gast des Patios und Lehrerin an der Deutschen Schule in Concepcion, und Ruedi in Chillan zu besuchen.
Über den Libertadores geht die bekannte Strecke Richtung Mendoza und weiter nach Süden auf der Carretera 40. Die Strecke zwischen Mendoza und Las Lajas gehört zu unseren Lieblingsstrecken. Es ist eine Strasse die am Fuss der Anden entlang führt, dabei durchquert sie Steppen, Wüsten und bizarre Berglandschaften. Nach zwei Tagen gelangen wir nach Las Lajas. Hier übernachten wir und fahren anschliessend nach Chile.
Solltet ihr jemals nach Argentinien kommen, das Tal von Las Lajas bis zur Chilenischen Grenze müsst ihr unbedingt besuchen. Die Gesteinsschichten sind hier auf bizarrste Weise gefaltet, gerollt und gewickelt. Überzogen wird das Ganze von einer saftigen, grünen Berglandschaft, verziert mit den abstrakten Araukarien-Bäumen.
In Las Lajas sind die Temperaturen sommerlich warm und Paddy läuft mit kurzen Hosen rum. Auf dem 1'700 Meter hohen Pass wird es bereits merklich kühler und es fängt an zu regnen. Als wir den märchenhaften Araukarien-Wald auf der Chilenischen Seite besuchen, liegen links und rechts im Wald weitere Schneefelder. Wir entscheiden uns nicht hier zu campieren, zu unangenehm ist das Wetter. Wir fahren weiter und entdecken auf unserer Karte, dass der kürzeste Weg Richtung Concepcion durch den Conquillo Nationalpark führt.
Bald darauf stehen wir vor dem Parkeingang wo uns der Parkranger mitteilt, dass das Durchkommen im Moment schwierig ist, doch wir mit unserem Auto würden es wohl schaffen. Da die Alternative ein Umweg von 200 Kilometern gleich kommt, entschliessen wir uns, vorsichtig weiterzufahren.
Die Landschaft ist schön und wäre noch viel schöner, wenn sie nicht wolkenverhangen und verregnet wäre. Schwarze Lava-Felder werden von blauen Flüssen begrenzt, dahinter erheben sich grüne Wälder – es ist ein Feenland.
Wir sind schon auf der anderen Seite des Parks, als wir sehen, wovor uns der Ranger gewarnt hat. Auf dem Weg kommt uns das Wasser knöcheltief entgegen und als wir 500 Meter weiter um die Kurve biegen sehen wir die steile, ausgefahrene Gasse die wir zu bewältigen haben. Also Allrad rein, Untersetzung rein und Differenzialsperre. Derart gewappnet holpern wir den Weg hoch, um oben festzustellen, dass hier auf 1'400 MüM noch Schnee liegt. Etwas weiter werden die Schneeflecken links und rechts der Strasse zu zusammenhängenden Schneemassen welche immer höher werden. Zum Glück hat der Regen in Schnee gewechselt und die Fahrbahn ist mit einer griffigen Schneeschicht überzogen. So kurven wir durch den verschneiten Märchenwald und erfreuen uns des lange vermissten Schnees.
Dann erreichen wir Curacautin. Es regnet, ist 6 Uhr abends und wir sind müde, doch wir finden keine Unterkunft. Wir überlegen uns, weiter zu fahren und etwas zu suchen. Dann entschliessen wir uns, unsere Bekannte Heike in Concepcion anzurufen und zu fragen, ob wir bereits heute, einen Tag früher als geplant bei ihr eintreffen können.
An sich ist es ein völliger Blödsinn, denn es sind noch rund 4-5 Stunden Fahrt; doch wir haben die Schnauze voll vom Regen. So fahren wir durch die Nacht und den Regen nach Concepcion. Alle sind hundemüde und die Fahrt durch die Dunkelheit ist anstrengend. Die Quittung bekommen wir dann auch bei der Einfahrt nach Concepcion als wir beinahe einen Unfall bauen, als wir ein Rotlicht übersehen. Der Schreck sitzt uns tief in den Knochen und wir schwören uns, künftig lieber auf einem Parkplatz zu schlafen, als nächtliche Fahrten zu unternehmen.
Nachdem wir Nicole in ihrer Studentenbude abgeladen haben, machen wir uns auf die Suche nach Heike. Nach einigem Suchen erreichen wir sie um halb ein Uhr morgens. Da Heike bereits einen Gast hat, entschliessen wir uns auf dem Parkplatz vor dem Haus zu schlafen.
Am nächsten Tag gesellt sich zu unserer illusteren Runde noch Beate, eine Österreicherin, die als Privatlehrerin in Frutillar bei Puerto Varas arbeitet und die ebenfalls im Patio zu Gast war – ursprünglich war unsere Idee, dass wir bei Heike schlafen und Beate in unserem Auto schläft, doch da wir bereits eine Nacht im Auto geschlafen haben, fragen wir Heike, ob es ihr recht wäre, dass Beate bei ihr im Gästezimmer schläft.
Später am Tag gesellt sich Nicole zu uns und wir unternehmen eine erste Sightseeing Tour durch Concepcion und inklusive Besichtigung von Nicoles Wohnung. Bei Nicole soll ab morgen Alba Lucia, unsere kolumbianische Freundin aus Santiago schlafen. Sie kommt früh am Morgen per Bus aus Santiago. Da uns Nicoles Wohnung etwas klein erscheint, wagen wir am Abend Heike zu fragen, ob es wohl sehr unverschämt ist, wenn sich Beate ihr Gäste-Zimmer mit Alba Lucia teilt – Heike schaut uns nur gross an und meint: Selbstverständlich!
Morgens um 6 Uhr steht Paddy vor dem Haus und erwartet Alba Lucia – Heike hat einen befreundeten Taxifahrer organisiert, der sie vom Busterminal abholt.
Überraschung! Als das Taxi vorfährt, sitzt nicht nur Alba Lucia drin sondern auch noch Gustavo. Gustavo ist ihr Ex-Partner aus Kolumbien, der ebenfalls nach Chile gekommen ist, um Arbeit zu suchen. Er wohnt vorübergehend bei Alba Lucia und wir haben ihn bereits in Santiago kennengelernt. Damals haben wir Gustavo gefragt, ob er auch mit nach Concepcion kommen wolle, was er verneinte. Seither war seine Teilnahme an unserem Ausflug keine Diskussion mehr
Paddy schluckt zweimal kräftig und lächelt tapfer: Wie soll er das Heike beibringen… zuerst 2 Bekannte, dann eine Unbekannte, dann eine weitere Unbekannte, die dann auch noch einen weiteren unbekannten Mann mitbringt…!
Tja das ist Südamerika: erstens kommt es und zweitens anders als man denkt.
Aufgrund eines Missverständnisses bezahlen wir den Taxifahrer nicht, der dann direkt Heike aus dem Bett holt. Diese ist verständlicherweise noch schlaftrunken und etwas mürrisch vom doppelten Überfall. Wir haben Bedenken, ob wir ihr die beiden zusätzlichen Gäste zumuten dürfen.
Da alle noch müde sind, geben wir Alba Lucia und Gustavo unsere Schlafmatten und Schlafsäcke. In 2 Stunden sind alle etwas frischer und überlegen uns eine Lösung.
2 Stunden später sieht die Situation dann auch wirklich wieder anders aus. Alle sind wir etwas wacher und auch Gustavo und Alba Lucia sind erholt nach der langen Nachtfahrt mit dem Bus.
Dicht gedrängt sitzen wir um den überforderten, kleinen Esstisch in Heikes Stube. Es geht hoch her und wir lachen über den unverhofften Zuwachs. Heike lehnt es ab, dass Gustavo und Alba Lucia in ein Hotel gehen und Beate spielt es keine Rolle, dass sie das Zimmer nun mit zwei statt nur einem Mitbewohner teilt.
Samstag: Da Heike nicht arbeiten muss, haben wir 2 Autos und all 7 Personen finden einen Sitzplatz. Auf geht’s zum Hafen und einem schönen alten Dampfschiff das dort als Kriegsbeute seinen glamourösen Ruheplatz gefunden hat. Anschliessend fahren wir zum nahegelegenen Naturpark mit seinen bizarren Felsen und seinem schwarzen Strand.
Am Abend veranstalten wir ein grosses Kochgelage. Gustavo und Paddy sind die Köche und die fröhliche Runde dauert bis spät in die Nacht.
Am Morgen werden wir von Alba Lucia und Gustavo mit einem Kolumbianischen Frühstück beglückt. Reis, Tomaten gehackt, Zwiebeln gehackt, Rührei. Es ist nicht jedermanns Sache…
Heute Sonntag verlässt uns Beate, sie muss am Montag wieder arbeiten. Nachdem wir Beate verabschiedet haben verlassen auch wir Heike. Ruedi erwartet uns auf seinem Weingut in Chillan.
Mit Ausnahme von Paddy unternimmt die Gruppe einen Ausflug zu den nahen Wasserfällen. Paddy hilft Ruedi beim Kauf eines neuen Computers und fährt dazu wieder zurück nach Concepcion. Gleichzeitig findet in Concepcion auch eine nationale Weintagung und –wettbewerb statt. Da Ruedi eingeladen ist, fahren die beiden am Abend nach dem Computer-Kauf zu der Veranstaltung.
Someliers aus der ganzen Welt haben sich für jährliche Weinprämierung eingefunden. Ruedi ist dabei der einzige geladene Weinproduzent und Paddy der deplatzierte Teilnehmer. Dennoch nimmt der Abend eine interessante Wende, als Paddy den Schweizer und den Kroatischen Weinexperten kennenlernt und es ergibt sich ein interessantes Gespräch – jedenfalls sind Ruedi und Paddy so ziemlich die letzten, die gehen.
Alba Lucia und Gustavo reisen am Dienstagmorgen ab. Nici bleibt noch bis am Abend. Wir haben Ruedi versprochen zu helfen. Denn es kommt die ganze Weinelite vom Vortag zum Mittagessen. So sind wir dann Servierpersonal und kümmern uns um die Creme de la creme der Weinwelt.
Wir bleiben noch 2 Tage. Denn Paddy will Ruedis neuen Computer aufsetzen und beim Umstellen der E-Mails helfen.
Es ist Donnerstag und bereits am nächsten Tag kommt unser Besuch: Brigitte, unsere Freundin, und ihr Partner Jürg, Christophs Vater.
Im Vorfeld dachten wir, dass dies eine gute Gelegenheit ist unsere neuen Kreditkarten von der Schweiz bringen zu lassen. Sicher die sicherere als mit Kurier zu schicken. Die ganze Woche standen wir schon in Kontakt mit Bank und Kreditkarten-Center, doch leider hat es das Kreditkarten-Center nicht geschafft die Karten termingerecht an Brigitte zuzustellen. Nun kommen sie halt trotzdem per Kurier. Unser Abreisetermin, 15. Oktober, verschiebt sich.
Brigitte und Jürg wollen nach 4 Tagen in Santiago nach San Pedro im Norden Chiles fliegen. Sie wollen es nicht verpassen die Wüste zu sehen. Eigentlich wollten wir bei ihrer Rückkehr bereits weg sein, doch da wir auf die Karten warten müssen, bleiben wir noch bis die beiden zurück sind und reisen gleichzeitig mit ihnen ab.
Pläne sind zum Motivieren, nicht zum Einhalten. Wir haben uns entschieden, dass wir die Reise durch Zentralamerika auslassen und direkt von Kolumbien nach Miami verschiffen wollen. Wir haben es uns lange überlegt, doch es macht keinen Sinn. Wir brauchen zu viel Zeit um durch Zentralamerika zu fahren. Lieber wollen wir uns genug Zeit nehmen und die USA in aller Ruhe geniessen können. Wir haben bereits eine Offerte von CHF 3'800 für einen 20 Fuss Container von Cartagena in Kolumbien nach Miami in den USA.
Wir beschliessen, dass wir zügig durch Peru und Ecuador bis nach Kolumbien fahren werden. Dort wollen wir Weihnachten mit unserer Freundin Alba Lucia und ihrer Familie verbringen.