25.04.2014
Mit einem kurzen Zwischenstopp in einem verschneiten Reykjavik erreichen wir Zürich. Da unsere Geschwister in der Gegend um Zürich wohnen, verbringen wir die ersten Tage mit unseren Familien. Wie es scheint hat Paddy ein Souvenir für alle mitgebracht. Ohne Vorwarnung bekommt er Fieber und legt sich für 2 Tage ins Bett. Das Souvenir spricht sich schnell herum und nach wenigen Tagen
liegt die Hälfte unserer Familien im Bett – ein schönes Ankommen…
Dann folgt unsere Heimkehr nach Luzern. Hier finden wir wieder einmal Unterschlupf bei unserem Freund Erwin.
Nebst den endlosen Fressgelagen bei all unseren Freunden, die uns sehen wollen, sind unsere Tage mit Amtsgängen gefüllt. Auto- und Motorradversicherungen abschliessen. Unser Motorrad wollen wir einlösen, dass wir in den kommenden Sommermonaten nicht ständig unser grosses Auto brauchen
müssen. Mit seinem Treibstoffverbraucht wird es uns in der Schweiz sonst bestimmt den letzten Rappen kosten.
Interessant wird es, als wir uns eine Autonummer holen wollen. Wie wir wussten, würden wir nicht mehr unsere alte Autonummer bekomme. Deponierte Nummern bleiben maximal 2 Jahre reserviert, dann werden sie wieder vergeben. Dazu kommt unser Problem, dass unser Auto schon seit 4 Jahren nicht mit zur Kontrolle vorgeführt wurde. Wir sind uns nicht sicher, ob wir ohne Kontrolle überhaupt ein neues Nummernschild für die Rückfahrt aus Hamburg bekommen werden.
Als wir auf dem Strassenverkehrsamt das Problem ansprechen, fragt der Sachbearbeiter, ob unser Auto im Ausland eingelöst worden sei. Als wir dies verneinen, fragt er, mit welchen Nummernschildern wir denn unterwegs gewesen seien. Als er hört, dass wir mit Kopien der Schweizer Schilder unterwegs gewesen seien, sieht man förmlich, wie bei ihm die Alarmglocken losgehen.
Was! entgegnet er uns mit aufgerissenen Augen, das geht doch nicht! Was ist wenn Sie eine Busse bekommen!? Dann bekommt diese der neue Nummer-Besitzer. Das ist unmöglich!
Wir sehen schon förmlich, wie er zum Telefonhörer greift, die Polizei anruft und wir in Handschellen abgeführt werden.
Aber nein, erwidert Paddy, in Südamerika ist das völlig anders geregelt. Da werden keine Bussen versandt. Diese werden direkt einkassiert. Und falls man wirklich eine Straftat begeht und für die Polizei nicht sofort greifbar ist, dann wird man an der Grenze bei den Ausfuhr-Abfertigungen einkassiert.
Nach einigen Erklärungen zur Situation in Übersee, entgegnet der Sachbearbeiter, dass es lieber nicht allzu genau wissen will. Er legt die neuen Nummernschilder auf den Tresen und verzieht nochmals das Gesicht, als wir ihm erklären, dass wir den Fahrzeugausweis mit die alten Schilder nicht mehr haben.
Das Aufgebot für die Fahrzeugkontrolle erhalten wir in wenigen Tagen per Post. Somit steht unserer Rückfahrt aus Hamburg in die Schweiz nichts mehr im Weg.
Dann ist der Vorgeschmack auf Heimat auch schon wieder vorbei und wir fliegen nach Berlin zu Paddy’s Cousine. Am 15.04. fahren wir am Nachmittag nach Basel und kommen um halb sieben in Berlin an. Paddy’s Cousine Elke und ihr Sohn Patrick holen uns ab. Anschliessend wir noch bis 2 Uhr morgens gequatscht und Bier getrunken.
Die nächsten Tage sind mit Familienbesuchen verplant.
In Berlin erfahren wir, dass das Schiff mit unserem Auto Verspätung hat und erst am 23.04. einläuft. Täglich wird das Ankunftsdatum weiter hinausgeschoben. Schliesslich heisst es, dass Schiff nicht mehr nach Hamburg fährt und Fracht in Antwerpen auslädt. Von dort geht es mit einem anderen
Schiff weiter nach Hamburg weiter – Abholungstermin: 29.04.
Das ist uns zu spät, denn Petra kann ab Anfang Mai für einige Monate temporär arbeiten. Wir müssen zurück!
Wir kontaktieren den Spediteur und vereinbaren, dass wir das Auto in Antwerpen am 23.04. abholen können. Dieser versichert uns, dass das problemlos möglich ist – wir sind skeptisch, ob es wirklich klappt, aber buchen trotzdem einen Flug von Berlin nach Brüssel, von dort wollen wir mit dem Zug nach Antwerpen.
Dann ist Karfreitag und wir rufen den Agenten in Antwerpen an. – Auto ist da, doch er hat keine Freigabe vom Spediteur, jener hat unsere Zahlung noch nicht erhalten. Sofort wird der Spediteur mit einem „Sehr dringend“-Email und unserem Zahlungsauftrag versorgt. Dann hoffen wir, dass sich am Dienstag alles klärt bevor wir am Mittwoch nach Antwerpen fahren.
Gleichentags schreiben unsere Reisebekannten Doris und Manfred (gemeinsame Verschiffung Kolumbien-Panama). Wo wir seien, wollen sie wissen, wir hätten doch geschrieben, dass wir sie allenfalls auf dem Nachhauseweg besuchen wollen. Sie wohnen in der Nähe von Düsseldorf, weit im
Westen der Republik.
Durch unsere Planänderung macht der Besuch wieder Sinn. Es liegt nur gerade 3 Stunden Fahrt von Antwerpen entfernt. Glücklicherweise sind sie immer noch im Reisemodus und entsprechend flexibel. Mittwochabend, klar, da haben wir Zeit, kommt als Antwort. Toll, wir freuen uns, dass es klappt.
Ostersamstag helfen wir Elkes Sohn, Patrick, mit Holzstapeln. Am Sonntag gibt’s ein grosses Familienfest mit viel Fleisch vom Grill – selbstverständlich nach Argentinischer Art. Montag und Dienstag gehen gleich fulminant weiter – zum Leidwesen unsere Bäuche.
Am Mittwoch stehen wir endlich einmal früher auf… um halb fünf. Um fünf fährt Patrick uns zum Flughafen. Um sieben startet der Flieger. Um viertel nach acht sind wir in Brüssel. Um viertel nach neuen fährt der Zug nach Antwerpen.
…dann sind wir wieder in Antwerpen - Nostalgie überkommt uns: Hier waren wir vor 3 ½ Jahren schon einmal. Damals hatten wir unser Amerika Abenteuer noch vor uns. Als wir in den Bahnhof einfahren schaut jeder für sich aus dem Fenster. Beiden gehen uns Gedanken durch den Kopf, was seit unserem letzten Besuch alles passiert ist. Wen wir kennengelernt, aber auch wen wir in dieser Zeit verloren haben. Wir reissen unsere Blicke vom Fenster los und schauen unserer anstehenden Aufgabe entgegen: Auto auslösen…
Um viertel vor zehn marschieren wir die 1500 Meter zum Agenten und sind um halb elf da. Nach einigem Warten werden unsere Papiere kopiert – selbstverständlich nicht ohne Verwirrung über die zwei Fahrzeug-Schilder – der Agent entscheidet sich für die Papiere, die mit den Frachtpapieren übereinstimmen und bittet uns um 12 Uhr zurück zu kommen.
Um 12 fährt uns ein Kurier zum Zollbüro und anschliessend zum Fahrzeug-Stauers. 5 Minuten später nehmen wir unser Auto in empfang – Alles ganz, alles vorhanden – perfekt, wir sind glücklich, dass wir unser Auto wieder haben, obschon – irgendwie können wir es noch nicht fassen, dass das Vehikel wieder in Europa ist.
Ausserhalb des Hafengeländes wechseln wir schliesslich noch die Nummernschilder und montieren die offiziellen Schilder. Dann geht es weiter nach Deutschland.
Zweieinhalb Stunden später werden wir von Doris und Manfred begrüsst. Wie uns scheint, begrüssen sich auch unsere beiden Autos, die sich eine Woche einen Container teilen durften, mit einem kurzen Aufblitzen der Scheinwerfer.
Nachdem wir Doris und Manfred zuerst in Cochrane, Chile kurz getroffen und unverbindlich eine mögliche gemeine Verschiffung ins Auge gefasst haben. Die Verschiffung kam dreiviertel Jahre später zustande. Zum dritten Mal treffen wir uns in den USA bei Zion Nationalpark. Zufällig sind wir mit 4 Stunden Unterschied in derselben Stadt, was wir ebenfalls mit einer langen Nacht gefeiert haben. Nun steht die dritte Wiedersehensnacht an. Sie endet um 3 Uhr morgens.
Wir werden eingeladen gleich zwei Nächte zu bleiben, denn wir sollen einen gemeinsamen Bekannten überraschen.
Es geht dabei um Michael. Wir haben Michael in Villa O’Higgins in Chile getroffen und sind eine Woche mit ihm gereist. Als wir Doris und Manfred zum ersten Mal getroffen haben, waren wir mit Michael unterwegs.
Den zweiten Tag verbringen wir mit Bier-Degustation in Düsseldorf. In der Stadt ist ein amber-farbiges Bier vorherrschend; es wird als „Alt“-Bier bezeichnet. Das recht herbe, bittere Aroma ist für unsere Gaumen eine Herausforderung – zu sehr sind wir uns noch an die süsslichen Biere Amerikas gewohnt.
Tags darauf besuchen wir Michael. Nach dem kurzen Aufeinandertreffen von uns fünfen in Cochrane, sind Doris und Manfred einige Monate später zusammen mit Michael quer durch Bolivien gereist. Michael wohnt 20 Kilometer weiter weg. Als unsere Gastgeber ihn anrufen und eine Stipvisit ankündigen, erwähnen sie nicht, dass wir mit dabei sein werden.
Zuerst guckt Michael etwas verwundert, als wir auf den Hof fahren. Dann werden seine Augen grösser und grösser – es ist ein Genuss sein Staunen zu sehen. Dann fällt der Zwanziger und er erkennt, wer da zu Besuch kommt. Er hat nichts unserem Kommen geahnte. Freudig plaudern wir den Rest des Nachmittags. Michael kommt später zu unseren Gastgebern zum Abendessen. Per Zufall finden wir heraus, dass Michael im vergangen Jahr in Albanien die Bekanntschaft mit Rita und Ueli gemacht hat, zwei Freunde von uns aus der Schweiz – die Welt ist ein Dorf!
27.04.2014
Dann ist unser Besuch in Düsseldorf vorüber und wir fahren in Richtung Heimat. Doch wirklich nach Hause wollen wir noch nicht. Wir haben beschlossen unsere Reise dort zu beenden, wo sie begonnen hat: An der Donauquelle.
Unser Freund Timmo, er hat uns damals zum Start unserer Reise gefahren, wird uns dort treffen. Er wird uns „nach Hause holen“.
Eine lange Fahrt später erreichen wir die Martinskappelle. Das Wetter spielt leider nicht mit. Bereits ist es bewölkt und Regen ist angesagt. Wir unternehmen noch schnell einen kurzen Spaziergang zur Donauquelle.
Es ist ein komisches Gefühl hier zu stehen. Vor 4 Jahren, 3 Wochen und 6 Tage sind wir zum letzten Mal hier gestanden und haben uns Gedanken dazu gemacht, was in den nächsten Jahren auf uns zukommen wird. Uns scheint heute, das war in einem anderen Leben. Zu weit ist der Tag des Aufbruchs entfernt, zu viele Kilometer und Eindrücke liegen dazwischen, als dass dieser Tag noch wirklich scheint. Unser Leben auf der Reise wurde zum Alltag, der Alltag zur Routine und die Routine zur Selbstverständlichkeit.
Wir sind uns einig. Es war die richtige Entscheidung die Reise zu unternehmen – es ist aber auch der richtige Zeitpunkt wieder nach Hause zurückzukehren.
Wir wissen aber auch heute bereits: Es war nicht unsere letzte Reise – doch die nächste Reise wird bestimmt noch etliche Jahre warten müssen. Zuerst wollen wir wieder Fuss fassen, und unsere Rentenkassen füttern, und wieder einmal eine eigene Wohnung haben, und ein geregeltes Leben haben.
Kurz darauf trifft Timmo ein und es wird ein langer Abend mit vielen Erinnerungen und Spekulationen über unsere Zukunft.
Dann ist der 27.04.2014 da und mit ihm endet unsere Verzögerungstaktik. Der letzte Tag unserer Reise ist da. Am Abend erwartet uns Erwin bei sich zu Hause. Die nächsten Wochen werden wir wieder bei ihm wohnen. Überhaupt wird der Traum von einer eigenen Wohnung noch einige Monate auf sich warten lassen. Erst müssen wir eine Arbeit finden, dann können wir daran denken Geld auszugeben.
Zwar weint der Himmel als wir an diesem Morgen aufbrechen; doch als wir in der Schweiz ankommen, wird das Wetter immer besser und wir freuen uns auf den vor uns liegenden Sommer.