Kanada - Westen

10.07.2013

Good old Britain

Victoria - Pacific Rim N.P. - Nanaimo - Duke Point

Die Immigration verläuft zügig und eine Zollkontrolle existiert nicht. Wie bereits in den USA interessiert sich niemand dafür, dass wir mit einem Auto aus der Schweiz einreisen und dass wir es auch bestimmt wieder ausführen werden. Auch wird nirgends unsere Autonummer notiert oder in Zusammenhang mit unserem Pass oder zumindest Namen gebracht. Somit haben wir ein Auto auf der Strasse, welches anhand der Kennzeichen, nicht nach zu verfolgen ist (glauben wir jedenfalls).

 

Victoria empfängt uns bereits mit britischem Flair. Man wähnt sich in Bath oder Bournemouth. Nach einem kurzen Spaziergang durch die Stadt, fahren wir direkt weiter an die Südwest-Küste.

Wir haben keinen wirklichen Plan, was wir alles besuchen wollen. Vielleicht liegt es daran oder aber an der Ähnlichkeit der Landschaft zu der im Nordwesten der USA, dass uns Vancouver Island nicht aus den Schuhen wirft (was wir von verschiedenen Seiten versprochen bekamen). Nach einem Abstecher zum Pacific Rim Nationalpark entschliessen wir uns die Zeit in unsere Reise nach Alaska zu investieren und verlassen die Insel in Richtung Vancouver.

Noch einmal Familienbesuch

Paddy hat von einer seiner entfernen Schottischen Cousinen erfahren, dass er in Vancouver eine weitere Cousine hat. Wir haben ihr vor einigen Wochen geschrieben und sie hat uns eingeladen sie zu besuchen – ob nur auf einen Tee oder zum Übernachten, das wissen wir nicht. Jedenfalls wohnt sie in der Nähe des Fähranlegers und so haben wir immer noch die Option die Nacht auf einem Campingplatz zu verbringen.

 

Die Cousine, Margaret, wohnt in Tsawwassen, eine kleine Halbinsel eine halbe Autostunde südlich von Vancouver. Wir werden von einer dynamischen, älteren Frau begrüsst und „beschnuppert“. Wie es scheint passen wir, denn wir werden wie selbstverständlich eingeladen, in ihrem Haus zu übernachten. Etwas später gesellt sich ihr Sohn Christopher mit Frau Kelly dazu und es wird eine lange Nacht mit viel Wein.

Christopher ist bei der Royal Canadian Coast Guard. Ungleich zu den amerikanischen Kollegen, ist die Kanadische Coast Guard unbewaffnet und hat sich der Lebensrettung verschrieben. Er lädt uns ein am nächsten Abend eine Spritztour mit dem neuen, noch im Testbetrieb befindlichen Rettungsboot. Da sagen wir natürlich nicht nein.

(K)ein Rettungseinsatz

Unseren Tag verbringen wir mit Sightseeing in Vancouver in dem wir uns ein Fahrrad mieten und um den Stanley Park kurven. Ach ist das schön, nach langer Zeit wieder einmal auf dem Fahrrad zu sitzen. Das fehlt uns wirklich ein bisschen.

Am Abend holt uns Christopher zur Spritzfahrt ab. Als wir aufgefordert werden, die Pässe mitzunehmen, schauen wir uns verwundert an.

Oh, erklärt Chris, das Schiff liegt in einer Marina in den USA.

Häähh?!, wir sind noch etwas verwirrter.

Erst jetzt realisieren wir, dass keine 400 Meter die Strasse hinunter die Grenze zu den USA verläuft. Bei der Aufteilung des Landes wurde die Grenze genau dem 49. Breitengrad entlang gezogen. Deshalb fielen die letzten 3 Kilometer der Halbinsel an die USA. Point Roberts, so wird der Amerikanische Teil genannt, ist somit praktisch eine Enklave, die nur über Kanadischen Boden oder über das Wasser zu erreichen ist.

 

An der Grenze werden wir relativ zügig abgefertigt. Die Lebensretter der Coast Guard sind bekannt und müssen im Notfall mit Blaulicht durchfahren dürfen. Da die beiden Schweizer auf der Rückbank immer noch ihr US Visum haben, ist auch für sie die Einreise kein Problem.

Im Hafen werden wir mit Schwimmweste und Helm(!) ausgerüstet. Dann geht es zum Boot. Zugegebenermassen haben wir ein etwas grösseres Boot erwartet. Sicher in der Grösse eines kleineren Kabinenkreuzers, doch auch das vor uns liegende Zodiac (Schlauchboot mit Aluminiumrumpf) macht mächtig Eindruck auf uns. Speziell Paddy ist von der Technik beeindruckt. Es hat zwei mächtige 250 PS Aussenbordmotoren und eine auf Stossdämpfer gelagerte Hightechkabine.

Die stossgedämpfte Kabine, so lassen wir uns erklären, ist der letzte Schrei. Damit kann das Schiff schneller fahren und manövriere, da es eine bessere „Wasserhaftung“ hat. Auch sei es für die Besatzung wesentlich angenehmer, bei Sturm hinaus zufahren.

Die Kabine besteht im Wesentlichen aus einem Rohrgestell und einer Windschutzscheibe. Die Seiten sind aus Plastik und können hochgerollt werden. In der Kabine befinden sich vier Schalensitze mit Armstützen nicht unähnlich dem Raketenstuhl von Rocketman. 3 Funkgeräte, Bordcomputer, Sonar, Radar und Infrarotsuchgeräte runden das Bild dieses Hightech-Gefährts ab. Wir sind gespannt wie es sich fährt.

Chris und Kelly steuern das Boot aus dem Hafen, dann schiebt Chris beide Fahrtregler nach vorne. Das Resultat ist ähnlich wie das eines Ferraris. Von 10 auf 90 km/h in 4 Sekunden. Zum Glück sind wir angegurtet und mit unseren Rocketman-Armstützen bestens gewappnet. Gespannt beobachtet Paddy den Effekt der Stossdämpfer und vergisst dabei die Abendstimmung zu geniessen.

Die Stunde Höllenritt ist bald vorbei. Im Nachhinein wissen wir nun auch weshalb wir nebst den Schwimmwesten auch Helme bekommen haben… 

Da der folgende Tag mit dem Geburtstag von Margaret zusammenfällt, bleiben wir noch einen Tag länger. Auch müssen wir einiges an Ausrüstung ergänzen, denn sie wird langsam Altersschwach.

So fahren wir Margaret zu ihrem Geburtstag in unserem Auto im Zickzack durch Vancouver auf der Suche nach allen Ausrüstungsteilen und beglücken sie am Abend mit einem feinen Nachtessen.

 

Auch am nächsten Tag fahren wir noch nicht los, denn die Nachbarn haben uns für Samstag zum Lachs-Grillieren eingeladen. Da wir auch sonst eher am Hungertuch nagen, haben uns Chris und Kelly Am Freitag zum „Überbrückungs-Abendessen“ (bis zum Lachs-Grill) eingeladen.

 

Leider stellt sich bei Paddy eine kräftige Erkältung ein, so dass wir unsere Abreise noch einen weiteren Tag verschieben. Am Monat geht’s definitiv weiter. Einmal mehr nehmen wir mit schwerem Herzen Abschied. Wir verlassen Margaret nur ungern, doch Abenteuer Alaska wartet auf uns.

 

Viele Kilometer liegen vor uns. Wir haben unseren Reiseführer und alle verfügbaren Quellen nach Sehenswürdigkeiten durchkämmt und uns alle im GPS notiert. Die Route steht fest – viele Variationen gibt es sowieso nicht, dazu hat es zu wenige Strassen im Fernen Norden. 

Gold-Fieber

Nach einigen kleineren Stopps mit Wasserfällen entlang der Route, gelangen wir nach Barkerville, einer alten Goldsucherstadt etwas abseits der Route. Es ist eine renovierte Museumsstadt wie aus den 1870 Jahren.

Es ist amüsierend und lehrreich zu hören und zu sehen, wie die Menschen damals gelebt haben und wie sie nach Barkerville gekommen sind.

Es war der Cariboo Gold Rush, der 1862 nach einem Goldfund in der Region von Barkerville ausbrach. Die ersten Glücksritter kamen auf dem Landweg aus Ost-Kanada. 5 Monate brauchten sie für die Reise. Die späteren Goldsucher kamen meist via Victoria auf Vancouver Island per Boot und Landweg her.

 

Eine von 5‘000 Grabungen war im Schnitt erfolgreich. Wie wir erfahren, sind es vor allem die Händler und Dienstleister in der Stadt, welche ihr Glück machten. Zu Spitzenzeiten lebten bis zu 15‘000 Menschen in der Stadt und machten sie zur grössten Stadt im Westen Kanadas.

Zum Schluss versuchen auch wir unser Glück und kaufen uns eine Pfanne voll Dreck. Unter sachkundiger Anweisung schütteln und spülen wir den Dreck bis wir die 3 Flocken Gold finden, die sich am Grund der Pfanne abgesetzt haben. Selbstverständlich strahlen wir vor Stolz über unseren Goldfund. Können wir doch damit unsere Reise um ein weiteres Jahr verlängern… oder nicht!?

Die nächste Stadt, die diesen Begriff verdient, ist Prince George. Für uns ein Grund zum Einkaufen und vor allem Auftanken. Bald werden wir in abgelegenen Gegenden unterwegs sein und der Treibstoff wird bis zu 30% teurer werden. Die nächste richtige Stadt auf unserer Route ist Whitehorse im Yukon.

Unsere Route führt zunächst wieder in Richtung Pazifik, bevor wir „kurz“ vor Prince Rupert nach Norden, auf den Cassiar Highway abbiegen. An der Abzweigung besuchen wir noch ein Dorf der Indianer oder „First Nation“, wie sie in Kanada bezeichnet werden (übrigens werden Einwanderer aus Indien als „East-Indians“ bezeichnet…). Das Dorf besteht aus 6 Blockhäusern und einem halben Duzend Totempfählen. Wir sind zunächst etwas enttäuscht. Wir haben Tippies und Indianer mit Federn erwartet. Stattdessen empfängt uns eine junge Frau in Bluejeans und führt uns durch das Dorf der Gitsan Indianer. Wir erfahren, dass die Gitsan keine Nomaden waren, da sie seit jeher durch den Lachs so wohlversorgt waren, dass sie genügend Wintervorräte anlegen konnten. Es ist eine sehr interessante Führung und am Schluss hat sich unsere Enttäuschung als unbegründet erwiesen. Wir haben sehr viel Interessantes über das Leben der Gitsan erfahren und gesehen. 

USA-Abstecher zum 1.

Ab hier führt die Strasse schnurstracks nach Norden. Unsere Begleiter sind vor allem Nadelbäume und Seen. Es ist eine Landschaft sehr ähnlich wie in Nord-Finnland.

Unser nächstes Ziel liegt 200 Kilometer weiter. Es ist ein kurzer Umweg an die südlichste Spitze Alaskas. Wir wollen endlich Lachse, Bären und Weisskopfseeadler sehen. Auf der Karte sehen wir, dass es auf der Stichstrasse nach Alaska zwei Ortschaften gibt. Eine auf der kanadischen und eine auf der amerikanischen Seite der Grenze. Wie sich herausstellt, sind beide Ortschaften gottverlassen und haben ausser einer Tankstelle und einem Schnapsladen nichts zu bieten. So fahren wir auch ohne Stopp über die Grenze zum Fish Creek, wo man Bären beim Lachsfischen beobachten kann – sollte beobachten können… Denn die Lachswanderung hat eben erst begonnen und die Bären sind noch ein Stück flussabwärts. Dort können sie sich bereits die Bäuche voll schlagen. Dafür treffen wir zwei Argentinier, welche es geschafft haben bis hier hoch zu fahren.

 

Ihr fragt euch bestimmt, was daran Besonderes ist. Die Argentinier sind Reiseenthusiasten, die wir überall in Südamerika getroffen haben. Wir haben sie stets als offene, liebenswürdige Menschen kennengelernt, die sich für Gott und die Welt interessiert haben. Vor allem in Kolumbien haben sie sich „gestaut“, weil sie Geld und Mit-Verschiffungsgelegenheiten gesucht haben. Die allermeisten drehen genau dort wieder um, weil es zu teuer ist.

Was uns nun so sehr an dem jungen Paar freut ist, dass sie es geschafft haben das Geld zu erarbeiten und die Überfahrt nach Panama finanzieren konnten. Es ist für die meist armen Studenten eine grosse Leistung sich diesen Traum zu erfüllen. Unterstützung von zu Hause haben sie nicht, da der Argentinische Pesos keinen Wert hat und in Argentinien legal keine US-Dollar gekauft werden können.

 

Ohne Bären und Adler fahren wir die Strasse bis zum Ende an den Salmon Glacier. Es ist ein majestätischer Gletscher, der sich vor uns ausbreitet. Speziell ist, dass der Gletscher sich im unteren Teil in zwei Zungen trennt die rechtwinklig auf beide Seiten abzweigen. Dabei schiebt sich der linke Teil ein kleines Seitental hinauf wo er endet. Regelmässig bildet sich dabei ein Gletschersee, der sich jedoch nicht entwässern kann da sich die Zunge talaufwärts schiebt. Nur einmal im Jahr schaffen die Wassermassen des Sees, sich einen Weg unter dem Gletscher hindurch zu öffnen. Dabei fliessen das gesamte gestaute Wasser unter beiden Zungen hindurch und vereint sich mit dem Wasser der anderen Gletscherzunge. Klar, dass es dann weiter unten im Tal zu Überschwemmungen kommt.

 

Gleichentags fahren wir zurück und übernachten wieder am Cassiar Highway. Hier treffen wir auch Rita. Eine pensioniert Schweizerin, die alleine mit ihrem Mercedes Sprinter aus der Schweiz unterwegs ist. Sie ist eine beeindruckende Person, die sich ihren eigenen Weg sucht. Klar, dass wir die halbe Nacht zu quatschen haben und ebenso klar ist es, dass wir am nächsten Tag nicht weiterfahren. Da der Camping an einem See liegt, nutzen wir den Pausentag zum Schwimmen, Faulenzen und Plaudern – das muss auch von Zeit zu Zeit drin liegen… 

Auf dem Klondike-Trail

Für uns Mitteleuropäer ist es schon sehr komisch als uns das GPS mitteilt, dass die nächste Strassenkreuzung erst in 580 Kilometer kommt. Wir fahren die kurze Strecke bis zur nächsten Strassenkreuzung in 2 Tagen ab und erreichen nach weiteren 400 Kilometer Whitehorse.

 

So geschichtsträchtig der Name auch ist, heute ist es ein reiner Versorgungsposten für den südlichen Yukon. Wirklich etwas zu sehen gibt es nur am Yukon-River, wo ein alter Raddampfer als Museum umgebaut ist. Wir hatten gehofft, dass wir noch etwas vom Klondike-Goldrausch finden, doch es ist alles den heutigen Ansprüchen angepasst. Sogar den berühmt-berüchtigten Stromschnellen im Miles-Canyon sind durch das Aufstauen des Flusses die Zähne gezogen worden.

Bleibt also nur noch auftanken und weiterfahren. Unsere nächste Hoffnung auf Geschichten aus dem Goldrausch ist Skagway, unten am Meer, wo wir bereits wieder in Alaska sind.

USA-Abstecher zum 2.

Die Fahrt über den White Pass ist abwechslungsreich. Eine dichte Waldlandschaft wird von einer hochalpinen Seenplatte abgelöst. Wir stellen uns vor, wie sich die 100‘000 Goldsucher einst in dieser Landschaft zurechtgefunden haben. Denn so schön wie die Landschaft ist, so monoton ist sie auch und vor allem sinnverwirrend mit ihren unzähligen Felsbuckeln und 1‘000 kleinen und kleinsten Seen. Es ist ein wahres Labyrinth. Zum Glück gibt es die Berge rundherum an denen man sich orientieren konnte.

 

Wir verlassen Kanada auf dem White Pass und fahren hinunter nach Skagway. Das Haupteinfallstor und Startpunkt des Klondike Gold Rausches von 1898.


Klondike Gold Rausch

1896 fanden zwei Brüder Gold im einem Zufluss des Yukon-Rivers. Dies löste lokal die Suche nach Gold in den Zuflüssen zum Yukon-River rund um Dawson City (Kanada) aus. 1897 erreichten einige der Goldsucher per Schiff Seattle, in den USA, mit den Taschen voll Geld und vollmundigen Geschichten über ihre Goldsuche. Unterstützt wurden diese Geschichten von den Kapitänen der Dampfer, denn diese hofften auf kurzentschlossene Goldsucher, welche den Weg nach Norden buchen wollten.

Zur gleichen Zeit herrschte in den USA eine Finanzkrise und hat viele Menschen in die Armut getrieben.

Als die Dampfer im Herbst 1897 ablegten, waren sie bis zum Bersten gefüllt. Die Goldrausch hatte um sich gegriffen: Männer und Frauen, Alt und Jung, Bauern und Politiker, alle wollten ihr Glück versuchen im fernen Yukon.

Der kürzeste Weg nach Dawson City für von Skagway 50 Kilometer inland über den White Pass an den Bennett Lake, dann per Schiff über den See auf den Yukon River, den 900 Kilometer später direkt durch Dawson City fliesst. Es tönt zu leicht um wahr zu sein.

Womit niemand gerechnet hatte, waren die Kanadier, welche den Goldsuchenden auferlegten, dass sie eine Jahresration an Nahrung, Kleider und Ausrüstung mitbringen mussten – denn man befürchtete, dass die ganzen Menschen später von der Krone ausgehalten werden müssten. Den Goldsuchern wurde eine detaillierte Liste vorgelegt, was sie alles mitzubringen hätten. Die gesamte Ausrüstung wog 1 US-Tonne (800 Kilogramm). Selbstverständlich hatte keiner der Glücksritter die nötige Ausrüstung zur Hand. Dies führte zu längeren Wartezeiten in Skagway wobei sich in diesem kleinen Fischerdörfchen plötzlich bis zu 30‘000 Menschen drängten. Innert kürzester Zeit entstand eine Stadt mit allem was dazu gehörte. Vor allem aber ein lukrativer Handel mit jener Tonne Material, welche jeder der Goldsucher mitnehmen musste.

Zu dieser Zeit war der White Pass noch überhaupt nicht erschlossen. Der Weg führte durch Sumpf und Wald bis zum Pass, wo es dann steil bergauf ging. Aus diesem Grund versuchten alle, welche bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgegeben hatten, ihre Ausrüstung noch im Frühjahr, vor der Schneeschmelze bis zum See auf der anderen Seite des Passes zu schaffen, denn später musste man sich durch den Schlamm kämpfen. Pro Goldsucher musste der Weg bis zu 40 mal zurückgelegt werden. Die Männer und Frauen schleppten sich in Einerkolonne den Pass hinauf. Wer aus der Kolonne trat, wartete oft stundenlang, um wieder eine Lücke in der Kolonne zu finden und wieder weiter marschieren zu können.

Sobald man all seine Ausrüstung am Bennett Lake hatte, ging es darum sich ein Boot zu bauen um die weiteren 900 Kilometer bis Dawson City zu bewältigen. Ein abenteuerliches Unterfangen, da die meisten keine Ahnung vom Bootsbau hatten. Erst als sich einige Bootsbauer einfanden, welche gegen entsprechendes Entgelt, den Unkundigen Anleitung gaben, wurde die Schifffahrt sicherer.

Doch auch der weitere Weg war nicht nur ein Spaziergang. Kurz vor Whitehorse mussten noch die berüchtigten Mile Canyon Stromschnellen bezwungen werden. Der Yukon River zwängt sich dort durch eine schmale Schlucht, kaum 30 Meter breit. Das Wasser fliesst schnell und der Grund ist übersät mit Felsbrocken. Leider kamen einige der Goldsucher zu Tode bevor die Royal Canadian Mounted Police einschritt und die Boote nur mit einem ortskundigen Schiffer durch die Schlucht liessen.

Von da an war die Fahrt ein besserer Sonntags-Spaziergang. Der Fluss ruhig, keine Strapazen, keine Indianer-Überfälle und alle erreichten Dawson City gesund und meist auch munter.

Doch war die Überraschung gross, als die Goldsucher feststellen mussten, dass die ganzen Goldflüsschen und –bäche alle schon restlos mit Claims (Parzellen) abgesteckt waren und sie keine Chance mehr hatten nach Gold zu suchen. Selbstverständlich machten sich viele auf die Suche an anderen Stellen, doch meist mit wenig Erfolg.

100‘000 Menschen gingen in Skagway an Land. 30‘000 Menschen erreichten Dawson City und nur gerade 1 von 2‘000 Goldsuchern fand auch wirklich Gold!

Der Goldrausch war 1899 vorbei. Die Goldsuche am Klondike geht aber bis zum heutigen Tag weiter.


In Skagway sehen wir als erstes die vier riesigen Kreuzfahrt-Giganten welche täglich im Hafen anlegen und ihre Gästemassen in die Stadt entlassen. Uns schwant schreckliches.

Kaum haben wir unser Auto parkiert, machen wir uns auf die Suche nach dem alten Skagway. Natürlich ist dies nicht schwierig, denn wir müssen uns nur nach den Menschenmassen richten. So finden wir auch die erfreulich Autofreie Hauptstrasse mit all ihren hübsch restaurierten Häusern aus dem letzten Jahrhundert. Die Stadt ist uns auf Anhieb sympathisch – trotz der vielen Menschen.

Einige Kilometer ausserhalb finden wir auch noch einen ruhigen Campingplatz im Nationalpark und wir sind rundum zufrieden.

Nahe des Campingplatzes haben wir beobachtet, wie sich bereits die Lachse den Fluss hinauf drängen. Wir beschliessen uns am späten Abend auf die Lauer zu legen und hoffen, dass wir Bären beim Fischen beobachten können. Es ist bereits 22 Uhr, als wir am Flüsschen sind – selbstverständlich ist es jetzt Ende Juli immer noch taghell – erst um 24 Uhr wird es etwas dunkler. Die Lachse kennen keine Nachtruhe. Es sind viele hundert Tiere die sich das flache Wasser hinauf kämpfen. Paddy kann mit blossen Händen einen der Lachse fangen.

Es ist still. Nur das Rauschen des Wassers. Keine Vögel, keine Tiere, nix! Uns kommt der Verdacht, dass von Jack London als „White Silence“ (Weisse Stille) nicht nur im Winter herrscht. Auch jetzt im Sommer ist es für uns unnatürlich ruhig – und das liegt nicht nur an der Tageszeit. Überhaupt hat es sehr wenige Singvögel. Einzig die vielen Eichhörnchen hört man zwischendurch in den Bäumen zirpen und schimpfen.

Schon sitzen wir eine Stunde da und warten auf die Bären, doch es kommen keine. Auch wird es langsam frisch und wir entschliessen uns zum Auto zurück zu gehen. Wir hoffen, dass wir noch die Gelegenheit haben werden, einen Bären beim Fischen zu beobachten.

Wir wollen mit der Fähre nach Haines hinüber fahren. Von Haines – ebenfalls noch in den USA – wollen wir wieder hoch auf den Alaska Highway. So ersparen wir uns denselben Weg zweimal fahren zu müssen. Da die Fähre erst um 16 Uhr ablegt, ist ausschlafen angesagt. Anschliessend beobachten wir endlich doch noch zwei Weisskopfseeadler am Fluss und sehen sogar noch eine ganze Familie von Robben.

Die Fahrt nach Haines dauert nur gerade eine Stunde. Auf dem Schiff treffen wir noch einige Deutsche und Schweizer (die Schweizer sind mal wieder überall - und das nicht nur vereinzelt). Da heute der 1. August ist, verabreden wir uns mit zwei Schweizern und einem Deutschen Päärchen zum Grillieren im nahen Nationalpark Camping. Wir wollen unseren Nationalfeiertag standesgemäss mit einem Feuer feiern.

Nur einen kurzen Abstecher auf die Halbinsel südlich von Haines, dachten wir. Doch die Landschaft ist so schön, dass wir uns kurzerhand entschliessen gleich an Ort und Stelle zu übernachten.

Die Gletscherflüsse spülen Sauerstoff- und sedimentreiches Wasser in den Fijord und färben ihn in milchiges Türkis. Rund um den Fijord erheben sich gewaltige Bergbarrikaden. Direkt gegenüber unseres Platzes schieb sich ein gewaltiger Gletscher über die Bergflanke und entlässt ein seinem Ende einen gewaltigen Wasserfall der weit über den Abgrund in die Tiefe stürzt.

Wir klettern dem Ufer entlang über die Grossen Felsen und Steine, ein Auge auf unsere Füsse, das andere auf die Landschaft gerichtet. Dazu haben wir ein herrliches Sommerwetter und weiter über 20°C.

 

Dann wollen wir aber doch weiter kommen. Wir wissen nicht wie lange uns die Wettergötter noch hold sind. Bisher können wir uns wirklich nicht beklagen. Seit unserem Aufbruch in Santiago haben wir kaum 2 Handvoll Regentage gehabt.

Nachdem wir die Kanadische Grenze überschritten haben. Breitet sich die Weite Taiga vor uns aus. Einen Tag später erreichen wir die US-Grenze von Alaska.