Da Ana Maria und Mike am nächsten Tag ebenfalls nach Kolumbien einreisen wollen, fahren wir gemeinsam. Die Strecke zur Grenze ist bald bewältigt. Die Schwierigkeit stellt sich erst bei der Suche nach der Zollabfertigung und Migration ein. Wo ist was? Na gut, das ging ja einfach. Einige Male fragen, dreimal an einen anderen Ort hinlaufen, dann haben wir die richtigen Schalter gefunden. Während Petra und Mike sich in die endlose Kolonne vor dem Migrations-Schalter einreihen, machen sich Ana Maria und Paddy auf den Weg zum Zoll. Als der Zoll bemerkt, dass wir „Gringos“ sind, werden wir umgehend ins Büro gebeten und müssen nicht vor dem kleinen vergitterten Fenster aussen anstehen. Einige Stempel und viel Blabla später sind beide Fahrzeuge in Ecuador abgemeldet und Ana Maria und Paddy können sich zum gemütlichen Anstehen zu Petra und Mike in die Kolone einreihen. Das Gebäude ist recht modern und hat 5 Zollschalter. Leider sind Ein- und Ausreise nicht getrennt, dann wären wir nämlich schnell dran. Dazu kommt, dass von den 5 Schaltern gerade mal 2 offen sind. Wie in Ecuador üblich, drängt man sich auch hier gerne vor und so stehen wir über eine Stunde an, um unseren Ausreisestempel zu bekommen. – Wir buchen das als Lehrgeld für Zentralamerika ab. Wie wir uns sagen liessen, muss man dort für Grenzübertritte bis zu einem Tag einrechnen.
Die nächste Hürde ist der Kolumbianische Zoll. Die Einreiseformalität für uns Menschen ist schnell abgewickelt. Dann folgt die Geschichte für’s Auto. Auch hier Müht sich der Beamte, wie bereits sein Ecuadorianischer Kollege vor drei Wochen, mit den Tücken der Informatik ab. Eine weitere Stunde später haben wir aber unsere Papiere beisammen.
Es sind die üblichen Papiere wie: Pass, Fahrzeugpapiere und Führerschein. Speziell ist, dass man alles kopiert dabei haben muss. Vor allem vom Pass will man eine Kopie der Hauptseite (Photo) und der Seite mit dem Einreisestempel nach Kolumbien haben. Dies kann man bei Kopie-Shop gleich nach der Migration erledigen.
Weiter geht es nach Ipiales, wir müssen eine Haftpflichtversicherung abschliessen. Dazu brauchen wir Geld. Und nebenbei wollen wir eine Telefonkarte kaufen, damit wir mit unseren Bekannten in Tulua Verbindung aufnehmen und unsere Ankunft koordinieren können.
Um 12.00 Uhr waren wir in Ecuador am Zoll, um 15.00 Uhr sind wir beim Kolumbianischen Zoll fertig, dann fängt unsere Suche nach Bancomat, Versicherungsbüro und Telefonkarte an. Um halb sechs verlassen wir Ipiales und fahren nach Las Lajas. Heute nach wollen wir nahe der berühmten Basilika übernachten. Ach ihr kennt sie ja gar nicht. Es ist eine sehr schöne Basilika, errichtet in einer tiefen Schlucht, halb als Brücke über die Schlucht gebaut.
Von unserem Stellplatz aus haben wir eine tolle Sicht auf das Bauwerk. Und am nächsten Morgen schauen wir es aus der Nähe an. Die Kirche wurde vor rund 100 Jahren in barockem Stil erbaut. Die weiss umrandete Optik ist faszinierend. Was jedoch am meisten beeindruckt, ist die Art des Baus. Die Kirche selbst steht mit Fassade zum Tal auf einem Fundament, welches mindestens gleich hoch ist wie die Kirche selbst und an den steilen Hang geklebt ist. Vor der Hauptfront der Kirche erstreckt sich ein Vorplatz vor einer Brücke auf die andere Seite der Schlucht. Es ist eine faszinierende, beeindruckende Konstruktion.
Nachdem wir dir Kirche eingehen bestaunt und fotografiert haben müssen wir an die Weiterfahrt denken. Ana Maria und Mike verbringen die Festtage in der Nähe, vor uns liegen aber noch über 400km Gebirge.
Wer glaubt, dass Weihnachten in Kolumbien beschaulich ist, der irrt sich. Nebst dem intensiven Salsa-Bedürfnis, welches sich nicht nur auf Weihnachten beschränkt, werden auch noch weitaus subtilere Methoden der Indoktrination angewandt. Zum ersten Mal durften wir diese in Las Lajas erleben. Es war Abends um 21 Uhr und wir lagen bereits in den Betten. Wir schraken hoch, als uns, zuerst aus einer versteckten Lautsprecherbatterie, dann aus dem nahen Kirchenturm der Basilika Weihnachtslieder erschütterten. Lieblicher Kinderchorgesang in Discodröhnung liess uns die nächste Stunden wach bleiben. Interessant war, dass die beiden Musikquellen nicht dieselben Lieder in das Tal sandten, sondern das ganze in einem kakaphonischen Wettbewerb der Weihnachtslieder gipfelt. Wer glaubt, dass man in Kolumbien nur Abends auf Weihnachten eingestimmt wird, der irrt sich abermals, denn um 5 Uhr Morgens – wohl passend zum beschaulichen Morgengebet der Mönche – ging die gleiche kakaphonische Berieselung wieder los. Ähnliches erlebten wir später auch noch in Tulua und anderen Städten.
Der Tag ist lang und anstrengend. Zwar ist die Strasse in einem guten Zustand, doch hat sie Kurven ohne Ende. Dazu immer wieder sehr steile Steigungen und Abfahrten. Hier kommen wir und die vielen Lastwagen regelmässig ins Keuchen und rauchen.
Gegen Abend entschliessen wir uns bei einem Paradero (Roadhouse) halt zu machen. Ein kräftiges Gewitter mit starkem Regen versuchen den heissen Tag erträglicher zu machen, leider gelingt es nicht und die Feuchtigkeit des Regens verstärkt die Unerträglichkeit der Hitze nur noch mehr.
Mehr schlecht als recht ausgeruht machen wir uns tags darauf wieder auf den Weg. Heute wollen wir in Tulua ankommen. Heute ist die Strasse wirklich schlecht. Überall haben Erdverschiebungen zu schlecht befahrbaren Strassenabschnitten geführt. Etwas später spannen Kinder und ältere Frauen auch noch Schnüre über die Strasse und zwingen uns zum Anhalten. Wie wir später erfahren ist es vor Weihnachten Brauch, von den vorbeifahrenden Autos Geld zu erbetteln. Die ersten paar Male halten wir an, dann hat Paddy keinen Nerv mehr und gibt extra Gas. Wir sind nicht die ersten, die diese Methode nutzen, denn die Schnüre werden jeweils kurz vor dem Auto fallen gelassen.
Am späten Nachmittag treffen wir in Tulua ein. Endlich! Wir haben es geschafft! Es ist der 21. Dezember 2012 und wir sind da.
Eli, die Schwester unserer Freundin erwartet uns bereits an der Tür. Herzlich werden wir von ihr, ihrem Mann Alex, ihrer kleinen Tochter, den beiden Söhnen unserer Freundin, ihrer Mutter Fabiola und ihrem deutschen Freund Wolfgang sowie dessen Amerikanischen Freund in Empfang genommen. Unsere Freundin Alba Lucia trifft erst morgen Samstag aus Santiago ein.
Weihnachten ist hier anders. Während wir im kalten Norden Weihnachten besinnlich und im engsten Kreis der Familie feiern, ist es hier eine laute, lebhafte Angelegenheit mit Salsa, Gesang und Freunden.
Am 24. Dezember werden wir zum Transport des Partyzeltes engagiert und fahren zu Alex‘ Eltern ins 15km entfernte Buga la grande. Hier werden wir wiederum mit einer Herzlichkeit begrüsst, als wären wir die verlorenen Kinder. Gleichzeitig wird vor der Tür unser Auto von den Nachbarskindern belagert, die ganz genau wissen wollen, was wofür ist. Dazu gesellt sich dann auch der Rest von Alex Familie, inklusive, Geschwister, Eltern, Kindern, Schwäger und Hunde.
Nur mit Mühe schaffen wir die Flucht und können uns nur mit einer Visitenkarte für jeden der Anwesenden freikaufen.
Wir sind uns nicht ganz im Klaren, wozu das Partyzelt dient. Will man etwa vor dem Haus die Weihnachtsparty veranstalten? Nein, es ist die Vergrösserung des Hauses. Es werden ja auch nicht weniger als 40 Gäste erwartet. Die Party beginnt im intimen Rahmen mit der Bescherung. Zum Glück waren wir einige Tage eher da und wussten damit einigermassen, welche Weihnachtsgeschenke wir allen kaufen konnten. Nachdem die Berge von Geschenkpapier inklusive kleinerer Einzelteile der Geschenke selbst entsorg worden sind, kamen die Gäste. Einzeln, zu Zweit und in kleinen Gruppen treffen sie ein. Bald ist das Haus voll und die Gäste kämpfen gegen die laute Musik an. Der von den ganz Jungen und ganz Alten gewählte Hardrock muss bald dem Salsa weichen. Jetzt wird uns in letzter Konsequenz bewusst: Wir sind im Salsa-Land.
Die nächsten Stunden verbringen wir abwechselnd im Kampf gegen den aufgedrängten Alkohol und mit unseren Füssen beim Salsa tanzen.
Salsa ist hier ein Lebensgefühl. Getanzt wird er von Jung und Alt, alle tanzen Salsa. Dabei spürt man sehr den afrikanischen Einfluss in Kolumbien. Die meisten Menschen haben afrikanisches Blut in den Adern und das sieht man: diese Menschen haben den richtigen Rhythmus um Salsa zu tanzen! Im Vergleich zu ihnen staksen wir umher wie betrunkene Giraffen.
Glücklicherweise versuchen uns alle aus der Misere zu helfen – leider mit bescheidenem Erfolg.
Dafür dürfen wir aber bei der etwas später eintreffenden Band die Rasseln und die Carasca übernehmen und unser unbeholfenes Rhythmusgefühl unter Beweis stellen.
Morgens um 4 Uhr verabschieden wir uns klammheimlich und sinken todmüde zu Bett.
Kaum aufgestanden, wird Gefrühstückt und schon geht’s zur Tante unserer Freundin nach Buga la grande zum Mittagessen. Frisch gemästet fahren wir zurück nach Tulua zum Abendessen.
Jeden Tag werden wir von neuen Ausflügen und reichhaltigen Mahlzeiten überrascht. Hoffentlich passen wir nächstes Jahr noch ins Auto…
Wolfgang, der Lebenspartner von Alba Lucias Mutter, nimmt uns mit nach Sevilla. Es ist eine Tango-Hochburg im Herzen der Kaffeeplantagen. Das kleine, verschlafene Dorf erreichen wir nach zahlreichen Kurven. Auf dem Bergrücken wie eine Messerklinge gelegen, überblicken wir von hier aus das weite Cauca Tal zwischen Cali und Medellin. Es ist ein herrlicher Ort. Nicht zuletzt, weil hier oben die Temperaturen und die Luftfeuchtigkeit erträglich sind.
Eigentlich hat Wolfgang mit einem Freund abgemacht, der hier eine Kaffeeplantage hat und uns eine Privatführung machen wollte. Leider ist aber in der vergangen Nacht ein Erdrutsch nieder gegangen und hat die Zufahrt verschüttet. So begnügen wir uns mit der Besichtigung des Erdrutsches, dem Begrüssen von unzähligen Bekannten Wolfgangs und feinen Kaffees im traditionellen Casablanca. Das Kaffeehaus ist wirklich sehenswert. Sehr altbacken ist es mit gerahmten Fotos von Tangogrössen gepflastert. Die gesamte Wand hinter der Bar nimmt eine gigantische Schallplatten Sammlung ein. Analog versteht sich! Dazu kommt der vorzügliche Kaffee, der aus den umliegenden Plantagen stammt und im Ort verarbeitet wird.
Gefallen euch alte Willy’s Jeeps? Dann MÜSST ihr hierher kommen. In diesem Ort leben 7000 Menschen und 500 tiptop gepflegte Willy‘s Jeeps. Es ist eine Augenweide. Die Jeeps werden nach wie vor täglich in den Plantagen eingesetzt und jeden Abend – so scheint uns – auf’s neue auf Hochglanz poliert. Da die Fahrzeuge eher Leichtgewichte sind, kämpfen sie bei den Turmhohen Ladungen von Bananenstauden und Kaffeesäcken. Zum Ausgleich zur überladenen Ladefläche, werden Stauden und Säcke vorne auf die Stossstange und Kühlerhaube geladen, was zu einem abenteuerlichen Anblick führt.
Kleinmotorräder bis zu 125 ccm sind in Kolumbien zu Millionen unterwegs. Sie gehören zum Strassenbild. Sie sind das Transportmittel Nummer 1 für alles. Taxi, komplette Familien (4-6 Personen), Hühner, Schweine, Heu, etc. Leider werden sie auch allzu oft als Fluchtfahrzeuge bei Raubüberfällen eingesetzt. Kolumbien hat sich deshalb etwas einfallen lassen:
Da wir mit unseren Arbeiten an unserem Auto durch die Planung unserer Gastgeber aus dem Plan geraten sind und weil wir überraschend spät von unserem Ausflug nach Sevilla zurückgehrt sind, wird uns am Abend verkündet, dass der geplante Ausflug zum Parque de Cafe um einen Tag verschoben wird – wir sind froh, dürfen wir mal ausschlafen.
Wir wollen einige kleinere und grössere Reparaturen sowie Änderungen am Auto vornehmen. Das braucht Zeit. Alex fährt mit Paddy kreuz und quer durch die Stadt und hilft beim Beschaffen der Teile und Handwerker. Einige der Arbeiten können wir an unserem „freien“ Tag umsetzen.
Dann heisst es wieder früh aufstehen und losfahren. Der Parque de Cafe ist ein Freizeitpark im Zeichen des Kaffees. Da Alba’s Mutter, Wolfgang und sein Freund nicht mitkommen wollen. Dürfen wir uns Wolfangs Auto ausleihen. Um den Rest der Familie hin zu fahren. Die Anfahrt alleine dauert über 2 Stunden. Und wir sind schon zum ersten Mal müde, als wir das Eingangstor sehen.
Durch Massen von Menschen geschleust, werden wir enthusiastisch auf die Sessel- und die Gondelbahn hingewiesen. Für uns ein Transportmittel, für die Menschen hier eine Attraktion. Als wir etwas später in einen ausgewachsenen Zug mit Diesellok verfrachtet werden, wird uns endgültig klar, dass sich unsere Wahrnehmung dieser Gefährte grundsätzlich von dem der Menschen hier unterscheidet. Mit Ausnahme einer aussergewöhnlichen Zugskomposition, würde bei uns keiner auf die Idee kommen, dass Zugfahren eine Attraktion vom Vergleichswert eines Riesenrads ist. Für hiesige Verhältnisse jedoch ist es das. Die kurze Strecke führt einmal um das Gelände herum und ist von 2 Tunnels unterbrochen, welche mit aufgeregten Schreien begrüsst werden. Ein Spektakel, dessen Unterhaltungswert vorallem im Beobachten der Mitreisenenden liegt.
Der Tag wird abgerundet von einem Tanzspektakel in welchem die Kaffeekultur Kolumbiens und die verschiedenen Kulturkreise des Landes vorgestellt werden. Unter dem sachkundigen Kommentar unserer Freundin staunen wir über die Vielseitigkeit des Landes. In keinem Südamerikanischen Land haben wir bisher so viele offensichtlich unterschiedliche Kulturen und Lebensweisen gesehen. Wir sind beeindruckt.
Mit der untergehenden Sonne verabschieden wir uns aus dem Park und nehmen die Gondelbahn (Swiss Made) zurück zum Parkplatz.
Als wir 3 Stunden später in Tulua ankommen, ist uns wieder einmal bewusst, weshalb Autofahren in Südamerika nachts nicht empfehlenswert ist. Zwar ist Alex uns vorausgefahren und wir konnten seinen Rücklichtern folgen, dennoch ist es ausserordentlich anstrengend und für unser Empfinden gefährlich. Die entgegenkommenden Autos fahren oft mit Volllicht oder haben Scheinwerfer, die besser zur Fliegerabwehr dienen, denn zur Beleuchtung der Strasse. Nicht zu vergessen natürlich die vielen Fahrzeuge ohne Licht. Autos, Lastwagen, Motorräder, Fahrräder… alles ohne Licht. Dazu über die Fahrbahn hetzende Fussgänger oder Vieh, welches am Strassenrand steht.
Immer zwischen Weihnachten und Neujahr ist in Cali der Salsa-Teufel los. Eigentlich ist er immer los, doch in dieser Zeit fällt die Feria de Cali. Es ist ein 24 Stunden-Non-Stopp-Salsa-Fieber, das in dieser Zeit herrscht. Es gilt für Jung und Alt, Dick und Dünn, Gross und Klein. Unsere Familie hat uns Tickets für eine Show besorgt und gespannt auf das Kommende fahren in zwei Fahrzeuge gepfercht nach Cali. Es ist spektakulär. Nicht nur die Show, sondern das Salsa-Fieber. Bei uns gilt Salsa nebst Tango immer noch als einer der anspruchsvollsten und erotischsten aller Südamerikanischen Tänze. Hier wird er gleichermassen enthusiastisch von Jung und Alt getanzt. Wobei das Alter und die zunehmend sparsamen Schritten der Eleganz keineswegs einen Abstrich tun. Der dickbäuchige Rentner mit seiner Tochter legt einen genauso feurigen Salsa hin, wie das frischverliebte, junge Paar daneben.
Auch wir werden auf die Tanzfläche gescheucht und müssen uns in unserer unbeholfenen Art beweisen. Wir sind überzeugt, dass unseren Bemühungen ein gewisser Unterhaltungswert nicht abgeht…
Etwas später bestaunen wir mit neidvollen Augen die Salsa Show-Gruppe welche ihre artistische Leistung auf die Tanzfläche legt und den Abend abrundet.
Dann geht das alte Jahr 2012 zu Ende. Vor uns liegt das 4. Jahr, in dem wir auf Reisen sind. 2010 sind wir im Frühjahr bei Schnee und Kälte auf den Fahrrädern im Deutschland losgefahren. Das erste Jahr unserer Reise haben wir auf hoher See beendet. Das zweite Jahr bei Regen in Puerto Natales und nun das dritte Jahr bei Salsa, Kaffee, Rum und Freunden im feucht-heissen Kolumbien. Von den Jahreswechseln auf unserer Reise bestimmt der schönste und erlebnisreichste Jahresabschluss. Bestimmt auch der fröhlichste, denn wiederum dröhnt aus allen Lautsprechern Salsa und die Menschen schwingen das Tanzbein.
Silvester verbringen wir mit der Familie von Alex, erst nach Mitternacht, werden wir dann zur Familie unserer Freundin wechseln, wo wir verpflegt werden.
In Bugalagrand bei Alex Familie geht es erst einmal auf den Hauptplatz. Jahrlich werden hier die Muneco del ano viejo prämiert. Wörtlich übersetzt sind es die Männchen des Alten Jahres. Verschiedene Gruppen haben aus den unterschiedlichsten Materialien Figuren gebaut. Dabei geht es von Politischen Motiven bis hin zum Umweltschutz und Computerspielen. Pablo, Alex' Bruder, hat mit seiner Familie einen Dinosaurier gebaut. Leider verpasst er mit seinem Muneco knapp eine Prämierung. Dennoch freuen wir uns alle auf das Spektakel, wenn die Figur kurz vor Mitternacht abgefackelt wird und das Feuerwerk, welches im Kopf der Figuren platziert ist, los geht.
Leider will der Dino dann um Mitternacht nicht richtig brennen, erst mit Starthilfe geht das Feuerwerk in alle Richtungen los...
Nach dem feucht, fröhlichen Silvesterabend mit Feuerwerk, wechseln wir dann nach Mitternacht zur Familie von Alba Lucia. Sie haben den Silvester auf der Finca von Alba Lucias Tante verbracht. Hier gibt es zum Glück auch endlich einmal feste Nahrung - wir sind schon etwas gut drauf. Die Nacht klingt anschliessend mit heissen Salsa Rhythmen aus.
Wieder sind wir todmüde, als wir in den frühen Morgenstunden auf unser Bett fallen.
… ist nicht das selbe. In ganz Südamerika sind nebst den gelben Speisebananen auch grüne Kochbananen fester Bestandteil der Küche. Zwar gibt es länderspezifische Abweichungen bezüglich welche von beiden jeweils als Platano und welche als Banane bezeichnet wird, doch in den meisten Fällen ist die grüne Banane die Platano zum Kochen und die Gelbe die Speisebanane.
Die Gerichte in denen die Platanos verwendet werden, sind sehr vielseitig. Genauso wie die Sorten von Platanos. Wir konnten mindestens 5 Sorten zählen.
Sie werden gekocht wie Kartoffeln, als Gemüse in Suppen beigegeben, flachgedrückt und fritiert oder
einfach zu Chips verarbeitet. Nahrhaft und füllend sind sie in jedem Fall. Langfristig haben sie den gleichen Effekt wie Mais oder Kokosnüsse… sie gehen auf die Hüften.
30.01.2013
Tulua – Calima – Tulua – Chachagui – Tulua – Girardot – Bogotà – Rio Claro – Medellin – Coveñas
Als Kurzurlaub hat die Familie ein Cabaña am Lago Calima reserviert. Der Lago Calima ist ein langgezogener See auf 1600 MüM westlich von Cali. Er ist berühmt für seine starken, konstanten Winde, die viele Wassersportler aus der ganzen Welt anlocken. Mit Wassersport haben wir zwar nicht gerade viel am Hut, doch ist es schön wieder einmal aus der drückenden Wärme raus zu kommen.
Verladen in 3 Autos geht’s los. Erste Station ist die Walfahrtskirche in Buga. Ein imposanter Bau mit unzähligen Menschen… Dann geht es an Cali vorbei bergauf. An der Abzweigung zum See wollen wir uns mit einem weiteren Verwandten treffen. Nach längerem Warten in der frischen Luft – endlich Abkühlung, endlich frische Luft! – schlottert schon die ganze Familie und setzt sich ins Auto, um sich bei laufendem Motor aufzuwärmen.
Die Nacht ist bereits hereingebrochen, als dann der ersehnte Verwandt mit Familie auftaucht. Nun geht’s weiter dem See entlang bis zum Cabaña. Wir sind schon recht müde als wir das Haus erreichen. Alle stürmen ins Haus – an die Wärme. Nur wir ziehen es zusammen mit Wolfgang vor, der Enge des Hauses zu entfliehen. So entschliessen wir uns dann auch im Auto zu schlafen, nicht zuletzt auch wegen der vielen Mücken im Haus.
Die Tage vergehen mit faulem Nichtstun in angenehmer Kühle (22-25°C). Nach all den Tagen mit Programm und Autoreparaturen ist das ausserordentlich erholsam.
Bereits am zweiten Tag klagt Alex, dass er sich seine Lippen verbrannt hat. Wir denken natürlich zuerst daran, dass er sich die Lippen an der Sonne verbrannt hat, was uns bei seiner dunklen Hautfarbe sehr erstaunt. Erst als er mein, dass er sich die Lippen durch die herrschende Kälte (tags 25°/nachts 15°) verbrannt hätte geht uns ein Licht auf.
Für uns ist es schwer nachvollziehbar, wie wenig Temperaturtoleranz die Menschen hier haben. Wenn die Temperatur auch nur um wenige Grade vom Durchschnitt abweichen empfindet man es hier als sehr heiss oder sehr kalt.
Klar kann sich jeder auf die jeweilige Temperatur einstellen und auch für uns sind die 30° Wärme kombiniert mit der Luftfeuchtigkeit gewöhnungsbedürftig, doch nach einigen Tagen geht es. Die Menschen hier jedoch schaffen das nicht so leicht. Wolfgangs Freundin Fabiola, die mit ihm einige Monate durch Europa gereist ist, hat zum Beispiel in Europa den ganzen Sommer gefroren – wie wir uns von Wolfgang versichern liessen, war es ein aussergewöhnlich warmer und sonniger Sommer…
Bereits vor einiger Zeit hat sich ein ehemaliger Arbeitskollege von Paddy bei uns gemeldet. Wir haben ihn daraufhin bei unserem Heimaturlaub in der Schweiz getroffen. Seine Frau ist Kolumbianerin aus Pasto und die beiden sind des öfters in Kolumbien unterwegs. Der Zufall will es, dass sie ebenfalls im Dezember und Januar in Kolumbien sind. Leider waren sie noch nicht da als wir in Pasto durchgefahren waren. Jetzt aber, im Januar ist er da und hat uns eingeladen ihn zu besuchen. Wir haben uns das lange überlegt, denn die Fahrt mit dem Auto von Tulua zurück nach Pasto dauert 2 Tage und ist eine lange, ermüdende Strecke mit vielen Kurven und schlechten Strassen. Wir haben uns bereits überlegt mit dem Bus hin zu fahren, doch hoffen wir immer noch, dass wir einen günstigen Flug bekommen.
So machen wir uns gleich nach der Rückkehr von Calima daran die Flugpreise zu prüfen und haben Glück. Für knapp 200 USD schnappen wir uns 2 Flüge gleich für den übernächsten Tag.
Wolfgang bringt uns nach Cali an den Flughafen und eine Dreiviertelstunde später landen wir in Pasto. Genauer in Chachagui, 30 km ausserhalb und 400 Meter tiefer wie Pasto; hier befindet sich auch die Finca von Erwin.
Wir reisen mit leichtem Gepäck und so sind wir auch schnell aus dem Flughafen raus und sitzen auch gleich bei Erwin im Auto. Zu erzählen gibt es viel und so fahren wir gleich zurück zur Finca um erst einmal den Erzähldrang zu befriedigen. Der Tag ist schnell vorbei. Somit bleibt noch die Nacht… und wenige Biere…
Alegria ist ein weitverbreitetes Wort in Kolumbien. Es beinhaltet Freude, Spass und ein positives Lebensgefühl. So sind wir nicht überrascht, dass die Kolumbianer nach neuesten Umfragen in Punkto Lebensfreude weltweit an zweiter Stelle liegt. Es ist etwas, dass man in Kolumbien überall spürt. Vorsicht, es ist ansteckend!
Für den nächsten Tag schlägt uns Erwin eine Tour rund um den nahegelegenen Vulkan Galeras vor. Die Kolumbianische Familie von Erwin unterhält ein gemeinsames Auto, das von einem der Cousins gefahren wird. Erwin hat das Auto für den ganzen Tag gebucht.
Alejandro, der Cousin, holt uns am Morgen ab und flitzt los. Es ist ein Fahrstil, der sich kräftig von dem unserem unterscheidet. Überholen ist für ihn ein Sport – für uns ein Horror!
Wie wir überrascht feststellen, wird auch in dieser Region überall Kaffee angebaut. Es ist also nicht so, dass nur im Cauca Tal Kaffee angepflanzt wird. Wie man uns verriet, ist der Kaffee der Region speziell, da er in hohen, kühleren Lagen angebaut wird.
Es ist interessant zu sehen, wie die Menschen hier leben. Vielen in höchst einfachen Verhältnissen. Als Kaffeepflücker wird man nicht zum Millionär, doch meist reicht es für eine einfache Hütte. Wo die Hütte jedoch steht, ist wohl davon abhängig, wo man geduldet wird. Meist ist es auf dem schmalen Grünstreifen an der Seite der Strasse.
Am Wochenende hat Erwin eine Familien Grill-Party einberufen. Er erwartet einige Gäste und hat genug eingekauft. Ganz stolz erklärt er uns, dass ein Freund ihm echte Schweizer Cervelats versprochen hat – Wie es sich aber herausstellt sind es Cerveceras (Bierwürst) und haben nichts mit Cervelats gemein.
Von den zahlreichen Gästen erscheinen Tanja und Miguel zuerst. Tanja ist eine Nichte von Erwins Frau. Mit Tanja und Miguel erschöpft sich auch die zahlreiche Gästeschar und die Grillparty verläuft im gemütlichen Rahmen.
Tanja und Miguel wohnen in Bogotà und sind über die Festtage bei ihrer Familie in Pasto. Als sie hören, dass wir ebenfalls nach Bogotà wollen, laden sie uns ein, bei sich zu schlafen. Sie hätten ein Haus mit genügen Parkplatz.
Nach einem Tag Faulenzen am Pool unternehmen wir noch einen Ausflug an den Lago La Coche. Speziell ist die Insel mit dem kleinen Nationalpark im See. Nach einer weiteren halsbrecherischen Fahrt mit Alejandro gelangen wir zum Chalet Guamuez. Wie wir überrascht feststellen ein Restaurant mit Schweizer Wurzeln. Als wir die Karte öffnen, schlagen unsere Herzen höher: Käsefondue!!! Wir drei Schweizer sind schnellentschlossen, Alejandro bleibt beim Fleisch.
Lachen müssen wir vor allem, als die Serviertochter uns kurz nach der Bestellung drei Schachteln mit Fertigfondue unter die Nase hält und fragt, welche Variante wir haben möchten. Es hat Emmi, Emmi und Gerber. Klar wählen wir als Luzernen Emmi… So hat es also Emmi bis in die entlegensten Ecken von Kolumbien geschafft – unglaublich!
Alsbald dampft das Fondue vor uns. Zwar ist alles einem Fondue Bourgignon entliehen doch das tut dem Geschmack keinen Abstrich. Nur mit dem Brot tun sie sich etwas schwer. Da es kein festes Brot gibt, haben sie das weiche Sandwich-Brot in übergrosse Crouton-Würfel geschnitten und angeröstet – leider etwas zu sehr, denn jetzt bricht es im Käse auseinander. So sind wir daran unsere ganze Fondue-Ess-Kunst anzuwenden, um nicht laufend Wein bestellen zu müssen…
Etwas später sitzen wir mit runden Bäuchen in einem kleinen Motorboot und ein Junge fährt uns hinüber zur Insel.
Etwas wackelig verlassen wir das Boot und gehen über den alten Bootssteg – Paddy überkommen Erinnerungen an einen vergleichbaren Steg in Rumänien…
Auf einem schmalen Pfad geht es in den Wald hinein, ein ausserordentlich dichter Wald. Durch das feuchte Klima wachsen allerlei Schlingpflanzen und Parasiten auf den Bäumen. Vor allem die Bromelien haben es uns angetan. Sie sind wunderschön und blühen in den verschiedensten Farben. Es ist ein Märchenwald und wir lassen uns viel Zeit um ihn zu bestaunen. So etwas gefällt uns.
Seit längerem sind wir schon in Kontakt mit mehreren Reisenden bezüglich der Verschiffung nach Panama, denn wir suchen einen Partner um uns die Kosten für einen 40‘ Container teilen zu können. Unter unseren Kontakten sind auch Juddy und Al, zwei Deutsche mit VW-Bus. Sie haben seit einer Zeit beträchtliche Probleme mit ihrem Gefährt und denken bereits daran, die Reise abzubrechen. Wir haben ihnen Erwin als Anlaufstelle und VW-Bus-Experten angegeben. Als sie hören, dass wir auch da sind, machen sie sich auf den Weg und schaffen es schliesslich Chachagui am Abend vor unserer Abreise zu erreichen.
So dauert auch unser letzter Abend bei Erwin bis weit in die Nacht hinein und viiiiel Bier…
Zurück in Tulua steht der Abschied von unserer Kolumbianischen Familie an. Er fällt uns nicht leicht, denn wir fühlen uns hier wirklich wie zu Hause. Es ist unglaublich mit wie viel Offenheit und Herzlichkeit uns diese Menschen begegnet sind und aufgenommen haben. Wir kombinieren unseren Abschied mit Paddy’s Geburtstag und gehen fein Essen.
Am nächsten Tag machen wir’s kurz und schmerzlos. Alle umarmt, alle geküsst und weg. Wir haben es nicht so mit langen Abschieds-Szenen, da werden wir immer traurig…
Wir freuen uns bereits auf Bogotà. Wir werden Tanja und Miguel wiedersehen. Auch Erwin und seine Frau werden wir treffen.
Die Fahrt ist jedoch lang und anstrengend. Es sind „nur“ 400km, doch diese haben sehr viele Kurven und sind steil. Wir müssen über einen Pass von über 3500 Metern dann runter auf 200 Meter und anschliessend wieder hoch auf 2800 Meter.
Auf der anderen Seite des ersten Passes sind wir müde und suchen eine Bleibe. Auf 200 Meter ist es unerträglich heiss und feucht bestimmt 35° mit 100% Luftfeuchtigkeit. Als es einnachtet finden wir einen Parkplatz hinter einem Paradero, einer Art Autobahnraststätte. In dieser Nacht machen wir fast kein Auge zu. Obschon die Seitenwände unseres Klappdachs rundherum offen sind, ist es drückend heiss. Wir liegen nackt auf dem Bett und versuchen uns nicht zu berühren. Der Schlaf kommt nur langsam und wir wachen bei jedem Geräusch wieder auf.
Völlig gerädert machen wir uns am nächsten Morgen wieder auf den Weg. Nur weg von hier und weiter hoch in die Berge wo’s kühler ist!
Am Mittag treffen wir uns mit Miguel 30 km ausserhalb von Bogotà – natürlich auf der anderen Seite der Stadt, so dass wir zuerst die völlig verstopfte Stadt durchqueren müssen. Mit ihm fahren wir in das eine Stunde ausserhalb von Bogotà liegende Tabio, wo sie ihr Wochenendhaus haben. Anfänglich sind wir etwas irritiert, denn wir dachten, das Haus sei in Bogotà oder wenigstens in der Nähe, doch dann stellen wir fest, dass das gut ist so, denn so haben wir gute Luft und Ruhe.
Am nächsten Tag fahren wir nach Bogotà rein. Unser erster Augenmerk gilt dem Gold Museum. Es ist weltberühmt. Zu Recht wie wir finden. Die ausgestellten Kunstwerke der Indianer Kolumbiens sind unglaublich schön. Filigran, kunst- und phantasievoll präsentiert sich uns das prä-kolumbianische Südamerika.
Nach so viel Schönheit fehlt uns die Muse, um auch die Schönheit des umgebenden Quartiers zu erkennen. So streifen wir durch La Candelaria ohne es wirklich wahr zu nehmen.
Etwas später treffen wir uns mit Erwin, seiner Frau, Tanja und Miguel. Zuerst zum Kaffee, dann zum Bier und dann zum Essen. Es ist bereits spät als wir uns in unser Auto setzen und die Stunde zurück auf’s Land fahren.
Am übernächsten Tag begleitet uns Tanja in den botanischen Garten. Etwas verlegen meint sie, dass er zwar nicht so schön sei wie der in Medellin. (Im Nachhinein können wir Tanja nicht recht geben. Bogotà’s botanischer Garten ist um vieles schöner.) Vor allem das Mariposarium (Papiorama) hat es uns angetan. Nebst den unzähligen schönen Schmetterlingen hat es auch eine Orangerie mit unglaublich schönen Orchideen und Pflanzen des tropischen Kolumbiens.
Einen letzten Tag haben wir noch in Bogota. Wir nutzen ihn um nach Zipanquirà zu fahren. Dort gibt es ein altes Salzbergwerk, welches man in eine riesige Kathedrale umfunktioniert hat.
Durch einen langen Stollen geht es in den Berg hinein. 200m im Berg beginnt ein sehr moderner Kreuzweg mit symbolischen Kreuzen in Nischen und Seitenstollen. 700 Meter weiter öffnet sich der Stollen in eine gewaltige Halle. Wir stehen auf einer Empore über der Kathedrale. 15 Meter unter uns befindet sich der Boden und bestimmt weitere 20 Meter über uns die Decke. Wow!
Über raffiniert angelegte Treppen geht es hinunter in die Kathedrale. Sie besteht aus einem Haupt- und zwei Nebenschiffen. Der Weg zwischen den einzelnen Kirchenschiffen ist durch gewaltige Säulen versperrt, welche nur zum Teil in saubere, runde Formen aus dem Salz geschlagen sind.
Gebrochen, rauh, geschliffen, poliert, es ist die unterschiedliche Oberflächenbehandlung des Salzes welche die Einzigartigkeit dieses Ortes prägt.
Etwas später sind wir im Dorf Zipanquirà und schlendern durch die pittoresken Gassen.
Da es noch früh am Nachmittag ist, nutzen wir die Zeit, um den nächstens fälligen Ölwechsel am Auto zu machen und fahren anschliessend zurück nach Tabio.
Unser Fazit. Das Kernland Kolumbiens, rund um Bogotà ist wunderschön. Die Dörfer sind alt und gut erhalten. Bogotà selbst ist eine riesige Stadt mit einigen schönen Quartieren und einem unglaublichen Verkehrsproblem…
Wir sind auf dem Weg nach Medellin. Wieder sind es Kurven mit Abstieg auf 200 MüM, die uns in die Hitze führen. Wieder sind es nur 400km. Wieder ist es eine drückend heisse Nacht. Wir verbringen sie am Rio Claro 150km vor Medellin. Als wir am Abend ankommen freuen wir uns auf das Bad im kühlen Fluss. Schnell in die Badehose und rein ins Wasser – aber Aua, Aua, Aua! Paddy steht mit voller Wucht auf einen Dornenzweig am Flussboden. Und das nicht nur mit einem Fuss.. Schnell humpelt er aus dem Wasser und versucht die Dornen zu entfernen. Doch diese sind so dick und lang, dass sie sich nur nach mehreren Versuchen herausziehen lassen. Wir hoffen, dass daraus keine Infektion resultiert.
In Medellin gilt unsere erste Sorge einer Unterkunft. Die zweite: Was sollen wir anschauen. Und die dritte dem roten Strich an Paddy’s Fuss. Zum Glück ist der rote Strich an Paddy’s Fuss am nächsten Tag verschwunden und so machen wir uns auf die Socken in die Stadt. Mit der Metro geht’s ins Zentrum gleich zum Plazoleta de las Esculturas mit den überproportionierten Riesenfiguren von Botero. Es sind phantasievolle, lustige Figuren und gute Photo-Motive. Die Runde geht durch die ganze Innenstadt von Medellin.
Bereits in Bogotà hat uns Erwins Frau angeboten, zu schauen, ob wir wohl einige Tage bei ihrem Cousin am Meer bleiben dürften. So hat sie uns den Kontakt zu Margareta, der Frau ihres Cousins, vermittelt, bei welcher wir uns nun melden. Als wir mit Margareta beim Kaffee sitzen stellen wir überrascht fest, dass es sich nicht nur um einen Stellplatz in einem Vorgarten handelt, sondern um eine wunderbare Cabaña Anlage 100 Meter vom karibischen Strand. Wir freuen uns bereits jetzt auf die Ferientage am Meer.
Doch zuerst wartet noch Medellin auf uns. Und wir müssen ja noch den Botanischen Garten beurteilen, um Tanja ein Feedback zum Botanischen Garten in Bogotà geben zu können. Wie bereits geschrieben, der Botanische Garten in Bogotà hat uns besser gefallen.
Medellin hat eine sehr interessante Geographie. Durch das Tal in dem die Stadt liegt, ist die Form der Stadt langgezogen und schmal. Auf beiden Seiten ziehen sich die Siedlungen der ärmeren Bevölkerungen bis weit der Bergflanke entlang empor. Aus diesem Grund gibt es in Medellin auch nur eine Metrolinie. Sie zieht sich der Talsohle entlang durch die ganze Stadt. Um die ärmeren Quartiere an den Bergflanken zu erschliessen hat man sich etwas einfallen lassen und Seilbahnen gebaut. So bilden Metro und Seilbahnen das Rückgrat des öffentlichen Nahverkehrs.
Eine der Seilbahnen geht weit über die Stadtgrenze hinaus, hinauf in den Arvì Park. Wir wollen wieder einmal Seilbahn fahren (dieses Mal Französische) und auch etwas Laufen. So verbringen wir noch einen Tag auf den kühlen Höhen des Parks und wandern gemütlich durch die schönen Bergwälder.
Ein Beispiel, das auch bei uns in Europa Schule machen sollte. In Kolumbien steht es den jungen Männern frei, statt dem obligatorischen Militärdienst, einen Polizeihilfsdienst zu leisten. Sie bekommen eine minimale Polizei-Ausbildung, anschliessend werden sie in Polizeiunform und mit Mobiltelefon bewaffnet auf die Strasse geschickt. Auf Rücken und Brust steht statt „Policia“ „Auxiliares“.
Sie haben die Aufgabe den Menschen zu helfen und Sicherheit zu vermitteln. Sie helfen Hilfsbedürftigen über die Strasse, tragen auch mal die Tasche einer älteren Dame, geben Auskunft über die Abfahrten der Busse, weisen Falschparkierer zurecht (ohne Bussen) und schlendern am Abend über die Plaza. Wenn sie etwas Auffälliges oder Ungewöhnliches entdecken, rufen Sie ihre Polizei-Kollegen, die dann mit Blaulicht anrücken und die „handfesteren“ Probleme lösen.
Wiederholt haben wir gesehen, dass Passanten den Männern etwas Essbares oder eine Cola zugesteckt oder einfach anerkennend auf die Schulter geklopft haben.
Ohne mit Waffen zu drohen, einfach nur mit Präsenz und Hilfsbereitschafts erreichen diese jungen Männer etwas unbezahlbares: Sie schaffen vermitteln ein Klima der Sicherheit. Dadurch fällt es vielen Kriminellen schwerer Fuss zu fassen. Ihr Zielpublikum hängt nun nicht mehr auf der Strasse herum, sondern steht plötzlich auf der anderen Seite des Gesetzes und patrouilliert die Strassen.
Auch für die jungen Männer ist es eine wichtige Erfahrung. Erleben sie doch, wie ihre Arbeit wertvoll ist und geschätzt wird. Sie können dadurch, dass sie Sicherheit schaffen und für andere da sind einen wertvollen Dienst an der Gesellschaft leisten.
Wir finden, dies ist eine gute Möglichkeit um jungen Menschen in aller Welt einen guten Start ins Erwachsenenleben zu geben und gleichzeitig der Gesellschaft einen wichtigen Dienst zu tun.
Nun geht es definitiv ans Meer. Über Caucasia, wo wir einen interessanten Abend mit einer Polizei-Patrouille verbringen, fahren wir zu Jorge ans Meer. Hier dürfen wir uns auf den Parkplatz der Anlage stellen und als Jorge mit leuchtenden Augen unser Auto sieht, lädt er uns ein in einem der leer stehenden Cabañas zu schlafen – wir lehnen ab, denn wir wollen wieder einmal unser Auto geniessen.
Nebst Faulenzen und im Meer baden, gilt es endlich unseren Reisebericht und unsere Verschiffung vorzubereiten.
All die vielen Kontakte, welche mit uns Verschiffen wollten haben einen Rückzieher gemacht oder sich nicht mehr gemeldet. Wir hatten gehofft, dass wir 2-3 Container füllen könnten, um eine Verhandlungsbasis über den Preis zu haben. Damit war wohl nix. Von all den vielen Kontakten blieb uns kein einziger übrig. Schlussendlich sind es Deutsche Reisende, die wir in Cochrane im tiefen Süden Chiles vor über einem Jahr getroffen hatten, welche sich nun melden. Damals hatten wir bereits darüber gesprochen, dass wir vielleicht zur gleichen Zeit verschiffen werden und uns zusammentun könnten. Niemals hätten wir aber gedacht, dass das nun auch klappt.
So verabschieden wir uns nach 5 Tagen in Coveñas von Jorge dem ehemaligen Marine Oberstleutnant und heutigem Sicherheitschef einer der grössten Ölpipelines Kolumbiens. Es waren interessante Tage mit ihm und wir haben viel gelacht.
Als wir bei Jorge, unserem Gastgeber an der Kolumbianischen Küste sind, lädt er uns zum Mittagessen bei sich im Haus ein. Als wir die Küche betreten, steht der halbe Boden unter Wasser. Wir machen ihn darauf aufmerksam. Zur Antwort erhalten wir, dass der Wasserhahn „wieder einmal“ undicht ist. Wir schauen uns etwas verdutz an. Wieso „wieder einmal“? Jorge meint, dass das halt mit dazugehöre. Als er unsere erstaunten Gesichter sieht, schmunzelt er und erzählt uns; als er vor zwei Jahren in der Schweiz seine Cousine besuchte. Sie hätte ihn durch das ganze Haus geführt und Erwin, der Mann seiner Cousine, hätte ihm alles erklärt. Was Jorge am meisten beeindruckt hat war, dass die Abläufe und Leitungen alle dicht waren und die Wasserhähne perfekt funktioniert hätten…
05.02.2013
Coveñas – Cartagena
In Cartagena fahren wir in ein unüberschaubares Strassennetz. Vor Jahren hat die Stadt wohl entschieden, dass alle Strassen auf Einbahnstrassen umgestellt werden. Bei schmalen Strassen kein Problem, nur bei mehrspurigen, richtungsgetrennden Strasse ein Alptraum für den Ortsunkundigen. Nach einigen Fehlversuchen erreichen wir das von uns ausgesuchte Hotel und kurz darauf treffen wir auch Doris und Manfred mit denen wir verschiffen werden.
Doris hat heute ihren letzten Abend. Sie fliegt für einige Wochen nach Deutschland. In der Zwischenzeit wird Manfred mit uns nach Panama verschiffen.
Um Zeit zu sparen kontaktieren wir noch gleichentags den Verschiffungsagenten. Unser Agent, Luis Ernesto La Rota, meint, dass wir frühestens am 11. Februar verschiffen könnten. Wir sind etwas enttäuscht, denn das sind noch fast 6 Tage. Dennoch vereinbaren wir ein Treffen für den kommenden Morgen
Am Vorabend machten wir noch lange Gesichter als wir hörten, dass wir erst am 11. Februar verschiffen können. Heute sitzen wir bei Herr und Frau La Rota im Büro und trauen unseren Ohren nicht.
Während wir Herrn La Rota die Verschiffungsdetails und Daten besprechen, telefoniert Frau La Rota mit der Schifffahrtsgesellschaft, dem Zoll und den Behörden.
Plötzlich macht Sonja, Frau La Rota, ein langes Gesicht. Wir seien zu spät dran für die Verschiffung am 11. sagt sie. Die Fracht müsse seit heute im Hafen sein, sonst könne sie nicht mehr mitgenommen werden.
Nach einigem ratlosem hin und her, können wir Sonja überreden, dass sie nochmals mit der Schifffahrtsgesellschaft redet und versucht sie soweit umzustimmen, dass wir die Autos bereits heute noch in den Hafen bringen.
5 Minuten später bricht Hektik aus. Formulare müssen ausgefüllt und Dokumente kopiert werden, dann geht es eilends zum Notar, um eine Vollmacht für den Agenten beglaubigen zu lassen, dann sitzen wir auch schon im Taxi und flitzen zurück ins Hotel, um die Autos umzupacken und verschiffungsbereit zu machen.
Um 16.30 Uhr stehen wir mit den Autos bei den La Rotas vor dem Büro. Hier wird die Ausfuhr der Fahrzeuge mit dem Zoll erledigt, der eigens dafür zu La Rota ins Büro gekommen ist. Dann los in den Hafen. Hier werden auch wieder einige Dokument unterschrieben und wir stellen unsere Autos auf den Platz.
Im ganzen Prozedere verlassen wir uns auf unser Bauchgefühl und auf die Empfehlung anderer Reisenden. Denn wir halten nichts in Händen und unterschreiben laufend irgendwelche Dokumente, welche wir maximal zur Hälfte verstehen. Dazu müssen wir unsere Auto’s über Nacht im Hafen stehen lassen und den Schlüssel abgeben. Zum Glück ist unser Innenausbau so gestaltet, dass alles abschliessbar ist.
Neuer Tag, neue Action. Am Mittag stehen wir wieder bei den La Rotas im Büro. Heute werden die Autos verladen. Mit Sonja fahren wir in den Hafen. Der Container steht bereits auf dem Platz. Kurze Zeit später kommen auch unsere Autos angebraust und wir werden aufgefordert sie auszuladen, damit die Polizei sie auf Drogen durchsuchen kann. Wir wussten, dass dieses Prozedere auf uns wartet. Dennoch stinkt es uns.
Da Manfred einen Ausbau mit Schubladen hat und diese nicht einfach herausnehmen lässt, kontrolliert die Polizistin die Inhalte im Fahrzeuginnern. Wir jedoch räumen alles aus. Kiste um Kiste stellen wir auf den Platz. Dann kommt die Polizistin und durchsucht alle Kisten. Anschliessend folgt die Kontrolle mittels Drogenhund. Wir haben zum Glück nichts und so können wir bald wieder einräumen.
Jetzt geht es in den Container! Rums, rums geht es rein. Drin werden Keile unter die Räder genagelt und die Fahrzeuge fest verzurrt. Dann: Klappe zu! Siegel dran und nochmals unterschreiben. Wir hoffen, dass wir unsere Fahrzeuge in Panama unbeschadet in Empfang nehmen dürfen.
Uff, das war eine Express-Übung. Auch die beiden La Rotas scheinen erleichtert, dass alles geklappt hat. Im Normalfall dauern die Formalitäten einen Tag länger. Wie sie uns aber mitteilen, sind sie jeweils bemüht, die Reservationen und Abklärungen immer nur kurzfristig zu machen. Der Grund, sie haben bedenken, dass wenn Verschiffungen früher bekannt sind, sich kriminelle Elemente dies zu Nutzen machen könnten und versuchen würden Drogen mit zu Schmuggeln. Bei Autos ein einfaches Unterfangen, das zu verhindern für den Besitzer schwierig ist. Zum Glück unterstützen sie der Hafen und die Behörden dabei, denn auch sie haben kein Interesse an Schwierigkeiten.
Detaillierte Beschreibung des Ablaufs: siehe hier
Eine gute Frage. Wir haben uns bereits einige Gedanken gemacht und würden gerne mittels Segelturn durch die Karibik nach Panama übersetzen. In Cartagena finden sich unzählige Kapitäne mit entsprechenden Booten und Angeboten. Unser Hauptproblem dabei ist, dass wir rechtzeitig in Panama sind um unsere Autos auszulösen. Frühestens werden diese am 13. spätestens am 15. dort sein. Für uns bedeutet dies, dass wir am 19. in Colòn sein müssen.
Nur mit Mühe finden sich noch Boote, die rechtzeitig nach Panama gelangen. Manfred wird am Montag 11. ablegen und uns in Porvenir, Panama erwarten. Wir folgen mit einem anderen Boot am 12.
Bis dahin geniessen wir noch die Gastfreundschaft in unserem Hotel und die wunderschöne, alte Stadt Cartagena de Indìa. Die Stadt hat es geschafft fast seine ganze Stadtmauer zu erhalten. Es ist eine der ältesten Städte in Südamerika. Sie wurde im frühen 16 Jahrhundert von den Spaniern gegründet und war lange von höchster strategischer Bedeutung. So wurde sie über die Jahrhunderte immer wieder von Piraten und Freibeutern angegriffen. Nur einmal gelang es Angreifern die Stadt für kurze Zeit zu erobern, es war Sir Francis Drake.
Über der Stadt thront die Zitadelle und auf der anderen Seite der Hafeneinfahrt eine grosse Kanonenstellung. Es ist eine mächtige, schöne Stadt und man wähnt sich an jeder Ecke auf’s neue in einem Piratenfilm.
Unseren letzten Abend verbringen wir mit Nostalgie: Sonnenuntergang-Cocktail, Photografieren und gutes Abendessen. Dann wird geschlafen, denn wir wollen morgen ausgeruht sein. Täglich haben wir das Meer mit besorgten Augen inspiziert, ob wohl die Wellen etwas weniger geworden sind. Leider scheint es sich zu bestätigen, dass dies die ungemütliche Jahreszeit für Seereisen ist. Gleichwohl, dass wir bisher noch nie Probleme mit Seekrankheit hatten, haben wir uns vorsorglich mit entsprechenden Tabletten eingedeckt. Bis jetzt hatten wir noch nie das Vergnügen in einem relativ kleinen Schiff auf so rauer See unterwegs zu sein.
Dies ist eine schwer zu beantwortende Frage. Die vielen Jahre des Bürgerkrieges zwischen Farc, Paramilitares und der Regierung sind offiziell vorüber. Die Farc ist an die Grenzen Ecuadors und Venezuelas zurückgedrängt und treibt nun vor allem in diesen Ländern ihr Unwesen. Die Strassen scheinen sicher. Militär und Polizei sind omnipräsent. Wohlgemerkt, sie verbreiten kein repressives Klima wie die Polizei in Argentinien, Peru oder Bolivien; im Gegenteil. An neuralgischen Punkten steht alle 100 Meter ein Soldat am Strassenrand und hält bei jedem vorbeifahrenden Auto den Daumen nach oben: „Alles Sicher!“ Die Polizei macht zwar vereinzelt Kontrollen, doch haben wir nie gesehen oder selber erlebt, dass sie grob oder unfreundlich gewesen wäre.
Spricht man mit den Kolumbianern, so warnen sie einem nach wie vor über zu viel Eurphorie. Doch auch sie kommen nicht darum herum zuzugeben, dass die Situation im Vergleich zu vor 10 Jahren um Welten besser ist. Viele haben uns erklärt, dass sie nun zum ersten Mal in ihrem Leben in ihrem eigenen Land trauen zu reisen.
Unser Fazit ist, dass man wohlberaten ist, wenn man sich an die Ratschläge der einheimischen Bevölkerung hält und gewisse Orte nicht oder nur in Begleitung besucht. Ansonsten empfehlen wir jedem Kolumbien möglichst bald zu besuchen, denn in absehbarer Zeit wird es von Touristen überlaufen sein.
Bald ist unser Südamerika Abenteuer zu Ende. Es waren interessante, ereignisreiche zwei Jahre. Im Rückblick waren es vor allem die Menschen welche es für uns zu einem einmaligen Erlebnis gemacht haben. Wir sind etwas traurig. Mit der Verschiffung brechen wir eine Brücke ab. Wir nehmen uns die Möglichkeit einfach umzudrehen und wieder zu diesen Menschen zurück zu fahren.