11.05.2011
Heute verlassen wir Argentinien. Es sind noch einige Kilometer Fahrt bis zur Grenze. Die Strasse führt über die weitverzweigte Flusslandschaft des Rio Uruguay. Eine Wasser-Welt für sich.
Die Zollformalitäten sind zügig erledigt (!) und so sind wir bereits am Mittag in Uruguay.
Ihr fragt euch sicher; merkt man einen Unterschied? Das können wir entschieden bejahen. Die Fahrt durch Uruguay gleicht einer Fahrt durch eine Parklandschaft. Jeder auch noch so kleine Flecken Land ist perfekt gemäht, alles wirkt viel aufgeräumter als in Argentinien.
Allerdings bemerken wir aber auch einen Unterschied bei den Dörfern und den Städten. Sie sind mit einem Ring von einfachsten, baufälligen Hütten umgeben. Die Menschen fahren sehr oft mit Mofas und Rollern, haben keine Autos und jene Autos die wir sehen sind alt, zum Teil seeehr alt. Ebenfalls die Strassen lassen vielfach sehr zu wünschen übrig. Sie gleichen eher einer Offroad-Piste als einer asphaltierten Strasse.
Preislich überrascht uns Uruguay ebenfalls. Zwar sind die Campingplätze meist spottbillig 50-100 URP (2.50 – 5.00 CHF) doch die Preise in den Supermärkten sind deutlich höher als in Argentinien.
Am zweiten Tag führt uns unser GPS nach Colonia de Sacramento. Colonia, wie die Stadt hier genannt wird, liegt direkt gegenüber von Buenos Aires am Rio de la Plata. Ursprünglich wurde sie von Portugiesen erbau,t als Bollwerk gegen die Spanier. Erst im 18. Jahrhundert ging die Stadt an die Spanier.
Das reiche Kulturerbe der beiden Grossmächte ist noch sehr gut sichtbar. Überall schön erhaltene und zurechtgemachte, koloniale Gebäude, gemütliche Plätze und alte Bauwerke. Dazwischen winden sich die Kopfsteinpflaster. Es ist herrlich, endlich einmal wieder eine Stadt die sehenswert ist, welche nicht nur die etwas verstaubte und eintönige Geschichte von 100 Jahren ausstrahlt. Wir finden Colonia de Sacramento ist definitiv eine Reise wert.
Nach einer unruhigen Nacht auf einem Campingplatz nahe der Hauptstrasse, machen wir uns auf den Weg nach Nueva Helvecia. Eine echtes Stück Schweiz in Uruguay – glauben wir.
Zwar ist alles auf Schweiz getrimmt, alles heisst Helvetica oder Suizo, aber wirklich das Schweizer-Feeling kommt nicht auf.
Ein Spaziergang und einen Kaffee später haben wir genug gesehen und fahren weiter nach Montevideo. Was uns hier wohl erwartet?
Petra hat trotz Paddy's Drängen darauf bestanden, dass wir uns nicht im Voraus festlegen wann wir in Montevideo ankommen und eine Unterkunft buchen. Dies kommt uns nun zugute, denn kaum auf der Hauptstrasse merken wir, dass wir müde sind. Wir möchten nicht mehr weiter. Als wir am Strassenrand "Acampamento" lesen, biegen wir ab und 10km Schotterpiste später stehen wir am Meer/Rio de la Plata. Es begrüsst uns ein wunderschöner Sandstrand. In dem kurzen Stück Dünen hinter dem Strand finden wir einen wunderschönen Platz zum Campieren. Ein Glas Wein, ein Lagerfeuerchen – so schön kann das Leben sein.
Tags darauf fahren wir weiter nach Montevideo, der Hauptstadt von Uruguay. Für diese Stadt haben wir uns drei Tage eingeplant und lassen uns in einem einfachen Hostal nieder. Einfach ist die richtige Beschreibung. Unser Zimmer befindet sich im Keller ohne Tageslicht, die Tür lässt sich nicht richtig schliessen und die Belüftung ist schlecht. Eigentlich wärs fast besser gewesen im unserem Auto zu übernachten. So fragen wir am nächsten Morgen nach einem anderen Zimmer, das dann auch Einwandfrei klappt. Und endlich ist auch wieder einmal die Gelegenheit unsere Kleider zu waschen.
Montevideo ist eine interessante Stadt. 2003 wurde sie zur Stadt mit der höchsten Lebensqualität in Südamerika erkoren. Die Stadt liegt auf einer Art Halbinsel, die sich in die Mündung des Rio de la Plata schiebt. So ist die Stadt umgeben vom Fluss und vom Meer. Die Ramblas, Promenaden am Wasser entlang, sind endlos und umfassen die ganze Stadt. Die Altstadt an der Spitze der Halbinsel ist eine riesige Sammlung von Jugendstilhäusern. Der spezielle Stil unterscheidet sich zum Teil sehr vom Jugendstil in Europa. Auch sind die Häuser nicht alle schön hergerichtet, dennoch es ist eindrücklich die vielen verzierten Gebäude zu betrachten.
Was Montevideo ebenfalls bietet sind Gaumenfreuden. Überall hat es Supermärkte, welche mit europäischen Produkten gefüllt sind. Ein weiteres tun die ganzen Spezialitäten-Geschäfter der italienischen Einwanderer. So kehren wir am zweiten Abend mit gefüllten Taschen ins Hostel zurück und bereiten uns einen üppig gefüllten Tisch.
Wenig später gesellen sich drei Mexikaner an den Nebentisch. Sie bestehen darauf, dass wir zum Aperitif einen Tequilla trinken, und noch einen, und noch einen, und noch einen. Eine Flasche Tequilla später wartet noch eine zweite Flasche und bald sind wir in einer sehr angeheiterten Stimmung. Die drei sind Tierärzte, welche zu einem Kongress nach Montevideo gekommen sind. Wir nutzen die Gelegenheit, um uns mit den Gegebenheiten in Mexiko vertraut zu machen. Wir sind sehr froh um die Informationen, da sie uns viele unserer Bedenken zu Mexiko ausräumen. So haben wir nun die Verpflichtung in Mexiko an drei Orten Bekannte zu besuchen.
Den dritten Tag in Montevideo nutzen wir zum Ausschlafen und einem kurzen Spaziergang am Meer, dann geht’s weiter nach Punta del Este.
Punta del Este ist DIE Sommerdestination in Uruguay. Hier kommen alle Uruguayos (sprich ‚uruguaschos‘) und Portenos (Buenos Aires) her für die Sommerferien. Jetzt im Frühwinter ist die Stadt jedoch menschenleer und wir fahren entlang einer vielstöckigen Hotelfront mit Blick auf’s Meer. Trotz der vielen Empfehlungen, wie schön Punta del Este sei, fällt es uns leicht weiter zu fahren. Dies ist nicht einer der Orte die wir suchen. Einen der gesuchten Orte finden wir, als wir von der Hauptstrasse auf eine Stichstrasse zum Meer abbiegen und einige Kilometer fahren. Hier finden wir vereinzelte verlassene Ferienhäuser am Strand und Ruhe. So gefällt es uns.
Wir stellen uns etwas von den Ferienhäusern entfernt hin und geniessen einen eindrücklichen Sonnenuntergang. Wenig später kommt ein Auto ohne Licht den Feldweg entlang. Komisch, was soll das?! Als das Auto in der Dämmerung näher kommt erkennen wir es als jenes, welches wir bei einer Fischerhütte etwas weiter der Strasse entlang gesehen haben. Der Fischer kontrolliert, wer wohl die komischen Fremden sind, die sich da bei den Ferienhäusern hinstellen. Nachbarhilfe funktioniert auch hier und so schlafen wir beruhigt im Bewusstsein um die Kontrolle des Fischers.
Entlang der Küste Urugays haben wir uns einige Punkte notiert, welche wir besuchen wollen. Inland scheint Uruguay eher wenige Sehenswürdigkeiten zu haben.
Der nächste Ort den wir sehen möchten ist Capo Paloma, ein Ort in den Dünen mit einer Robbenkolonie. Bald stehen wir vor einer Schranke an der uns erklärt wird, dass Privatfahrzeuge keinen Zutritt zur Halbinsel haben (obwohl auf der Halbinsel ein Dorf liegt). Wir müssten unser Fahrzeug parkieren und mit einem der Lastwagen-Bussen hinausfahren. Beim Parkplatz erfahren wir dann, dass der nächste Transport erst in 2 Stunden fährt. Für uns ist klar: gestrichen.
So fahren wir etwas weiter bis zum Dorf Valizas hier soll es schöne, hohe Dünen geben. Trotz der Fahrspuren, die auf den Strand hinausführen, parkieren wir unser Auto im Dorf und gehen zu Fuss den einsamen, wunderschönen Sandstrand entlang. Lange sind wir nicht alleine und ein Hund gesellt sich zu uns. Er braucht nicht lange und er hat Petras Herz erobert – wohl einer der ersten Hunde, die das je geschafft haben. Gemeinsam wandern wir den Strand entlang zu den Dünen.
Die Dünen sind eindrücklich und hoch. Wir stapfen den weichen Sand hoch und bewundern die uns umgebende Natur. Immer weiter hoch gehen die Dünen, hinter jedem Kamm entdecken wir einen weiteren, noch höheren. Gekrönt wird die wunderschöne Dünenlandschaft von einem Felskopf. Von hier oben bietet sich ein gewaltiger Ausblick übers Meer, hinüber nach Capo Paloma, Inland und den Strand entlang.
Auf dem Rückweg begegnen wir am Strand vielen toten Tieren, Pinguine, ein Seelöwe, eine grosse Schildkröte. Was ist wohl der Grund dafür? Ist das natürlich? Mit gemischten Gefühlen gehen wir weiter.
Zurück bei unserem Auto, haben wir die Idee den Autospuren am Strand zu folgen und uns für die Nacht an den Strand zu stellen.
Kaum am Strand eingerichtet, kommt ein Herr auf uns zugestapft. „Prefectura“, stellt er sich vor. Es sei verboten am Strand zu fahren. Wir sind etwas überrascht, da wir mehrere Autospuren im Sand gefunden haben und nicht weit von uns weitere Autos parkieren. Leider ist nichts zu machen und alles argumentieren nützt nichts – wir müssen weiter. Schade, der Platz wäre so schön gewesen!
Unser Tag endet im National Park Santa Theresa. Er umfasst ein beträchtliches Gebiet am Strand und ist grössten Teils ein Camingplatz. Das Verwaltungsgebäude ist ein ehemaliges Schlösschen. Auf der anderen Strassenseite finden wir ein grosses, altes Glashaus mit einer wunderbaren Orchideen- und Farn-Sammlung. Überhaupt ist der der Schlosspark ein sehr schön gepflegter Garten.
Uns quält die Frage, ob wir via Brasilien nach Iguazu weiterfahren sollen oder ob es wohl schneller wäre durch den Norden Uruguays und Argentinien zu fahren. Nach längerem Hin und Her entscheiden wir uns für die Fahrt durch Uruguay und Argentinien.
Die Fahrt durch den Norden Uruguays ist eindrücklich. Es erstreckt sich über viele hundert Kilometer Gaucho-Land vor uns. Alles ist eingezäunt und überall herrscht die Landwirtschaft. Immer wieder begegnen wir richtigen Gaucho-Originalen, Bilder, genauso wie man sie sich vorstellt.
Interessant ist auch unser Übernachtungsort auf dieser Strecke. Auf Nachfrage bei der Polizei werden wir auf einen Platz unter der Strassenbrücke verwiesen. So ungewöhlich sich dieser Ort auch anhört, abgesehen von den gelegentlichen Lastwagen, welche in der Nacht über die Brücke donnern, ist der Platz nicht übel.
Bevor wir Uruguay verlassen, leisten wir uns noch den Besuch einer Therme im Osten des Landes. Glücklicherweise entscheiden wir uns für San Ignacio. Wie sich nach längerer Suche des Ortes herausstellt, ist es eine Estancia und das Thermalbad etwas weiter weg vom Haupthaus. Die Infrastruktur ist komplett und das Bad sehr ruhig. 50m vom Becken können wir campieren und rund um uns erstreckt sich das Farmland.
So sitzen wir in den warmen Becken und geniessen eine schönen Sonnenuntergang – so könnte doch das Leben immer sein!